Vor rund zwölf Jahren brach in der Stadt die schlimmste Krise in der Geschichte der Berliner S-Bahn aus: Damals musste ein großer Teil der Flotte aufgrund technischer Mängel innerhalb kurzer Zeit außer Dienst gestellt werden.

Berlin: neue S-Bahn für das Ringnetz

Berlin: neue S-Bahn für das Ringnetz

Runtergewirtschaftet und ausgereizt

Die Deutsche Bahn, die Muttergesellschaft der S-Bahn, hatte die Anzahl der Mitarbeiter in der Werkstatt so weit runter reduziert, Wartungsintervall so ausgereizt, dass es irgendwann nicht mehr ausreichte. Darüber hinaus stellte sich heraus, dass die in den neunziger Jahren gekauften Züge nicht so langlebig sind wie bisher angenommen.

Wer trägt die Verantwortung?

Während dieser Krise wurde diskutiert, ob es für den Berliner Staat klüger wäre, eine eigene Flotte aufzubauen, anstatt sich weiterhin auf S-Bahn-Betreiber (Deutsche Bahn) zu verlassen. Zu dieser Zeit zögerte die Politik noch das System zu ändern. Es gab auch Sorge, am Ende könne man selbst für die Verspätungen und Zugausfälle verantwortlich sein. Viel einfacher ist es, den Fehler der Deutschen Bahn in die Schuhe zu schieben. Die Zeit ist nun entscheidend. Der Vertrag mit der Deutschen Bahn läuft bald aus, daher muss schnell eine Lösung für das S-Bahn-Ringnetz gefunden werden. Im Vergabeverfahren suche man also einen Anbieter der den Zugverkehr betreiben und auch neue Züge beschaffen soll. Für die meisten Verkehrsunternehmen sei dieses milliardenschwere Geschäft eine Nummer zu groß – daher setzte sich die Deutsche Bahn erneut durch. Nun müssen also eigene Fahrzeuge her.  Doch dieses mal auf einer anderen Art. Am Donnerstag wurde die Gründung eines landeseigenen Fahrzeugpools beschlossen, diese trägt von nun an den Namen Landesanstalt für Schienenfahrzeuge Berlin(LSFB). Dass Projekt der SPD, Linken und Grünen kommt auch bei der Opposition gut an. Außer der AFD stimmten alle Parteien im Verkehrsausschuss für das Vorhaben.

Vergabe in Teilbereichen

Eine organisatorische Mamut-Aufgabe komme nun auf Berlin zu. Im Vergabeverfahren suche man nun Betriebs-, Beschaffungs- und Instandhaltungsunternehmen. Auf der einen Seite suche man ein Unternehmen, das ab 2027 den S-Bahn-Linienverkehr betreibt und auf der anderen Seite ein Unternehmen, das neue Züge beschafft und diese 30 Jahre lang Instand hält. Besonderheit: Sobald die Züge eingesetzt werden, gehen Sie in den Bestand des Landes Berlin über. Jedoch bleibt der Wartungsauftrag bei dem Unternehmen.

Hoffnungen der Verkehrsfachleute

Ausschlaggebend waren folgende Punkte die die Verkehrsfachleute sich erhoffen:

Geringere Anschaffungskosten: die landeseigene Fahrzeuggesellschaft bezahlt die Fahrzeuge und nicht das Beschaffungsunternehmen. Das Staatsunternehmen erhält bessere Finanzierungskonditionen am Kapitalmarkt. Somit muss das Land nicht im Nachhinein teurere Kredite der privaten Unternehmen bezahlen.

Bessere Qualität der Fahrzeuge: Durch die festgeschriebene Instandhaltungszeit von 30 Jahren an dem das Unternehmen gebunden sein wird, kann davon ausgegangen werden, dass das Unternehmen schon bei der Beschaffung auf Qualität achtet um Instandhaltungskosten im Blick zu behalten.

Höhere Zuverlässigkeit: Bei Problemen im Betrieb der S-Bahn Linien kann Berlin im Worstcase einen neuen Betreiber suchen, ohne die Züge zu verlieren. Der Zugverkehr kann derzeit nur für 15 und nicht für 30 Jahre ausgeschrieben werden.

Angst um Berliner S-Bahn

Mitglieder des Bündnisses sind die Gewerkschaften Attac, Verdi und IG Metall sowie Jugendorganisationen der SPD, der Linken und der Grünen. Das Ausschreibungsverfahren selbst ist ein heikles Thema. Wie viele S-Bahn-Mitarbeiter befürchten sie, dass die Berliner S-Bahn „bankrott“ geht, wenn die Deutsche Bahn in der Ausschreibung unterliegen sollte. Die Verkehrsbehörde des Senats ist der Ansicht, dass mehrere Betreiber die Verkehrsstörungen der S-Bahn mit größerer Wahrscheinlichkeit reduzieren.

Druck auf die Deutsche Bahn

Die Verkehrssenatorin der Grünen, Regine Günther, sah auch die Gelegenheit, die Daumenschrauben bei der Deutschen Bahn anzuziehen. Durch Ihre Monopolstellung konnte die Deutsche Bahn bei der damaligen Ausschreibung die Preise nach oben schrauben. Nun, wo Betrieb und Beschaffung getrennt voneinander sind, stehe die Bahn unter Druck günstigere Preise anzubieten. Der Meinung der Verkehrsfachleute nach soll so auch sichergestellt sein, dass auch im Falle der Zuschläge sämtlicher Vergaben an die Deutsche Bahn sich das Modell noch rechne.

Eine endgültige Entscheidung wird wohl noch einige Monate dauern.

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