Ruhestand in Deutschland. Andere Länder kümmern sich zunehmend besser um ihre Rentner. Die Lebensbedingungen für Ruheständler in Deutschland haben sich 2022 verschlechtert.

Deutschland ist dieses Jahr erstmals seit 10 Jahren aus den TOP 10 des Natixis Welt Ruhestand Index (2022 Natixis Global Retirement Index) rausgeflogen und rutschte von Platz 8 auf Platz 11 ab.

In Zusammenarbeit mit CoreData Research aus Boston und London hat der globale Vermögensverwalter Natixis Investment Managers SA aus Boston und Luxemburg versucht, die Schlüsselfaktoren zu identifizieren, zu messen und zu verfolgen, die bestimmen, ob die Menschen in den Jahren nach der Arbeit in Würde leben können.

Die TOP 25 des Natixis Welt Ruhestand Index 2022, 2021 und 2012 © 2022 Natixis Global Retirement Index
Die TOP 25 des Natixis Welt Ruhestand Index 2022, 2021 und 2012 © 2022 Natixis Global Retirement Index

Der Natixis Welt Ruhestand Index bewertet 18 verschiedene Leistungsindikatoren und fasst deren relative Performance in den vier Sub-Indizes Gesundheit, Lebensqualität, materieller Wohlstand und Finanzen zusammen.

Die Bewertung von Deutschland hat sich 2022 in allen vier Sub-Indizes im Vergleich zum Vorjahr 2021 verschlechtert

Am stärksten ist sie beim materiellen Wohlstand des Landes gesunken, was auf eine zunehmende Ungleichheit bei der Verteilung von Einkommen zurückzuführen ist.

 Auch im Sub-Index Gesundheit rutschte Deutschland aufgrund einer geringeren Punktzahl bei der Lebenserwartung (Daten der Weltbank für 2019) ab.

Bei der Lebensqualität sank der Indikator Glück.

Im Bereich Finanzen schneidet Deutschland vor allem mit Blick auf den Altenquotienten schlecht ab, der das Verhältnis von zu vielen Ruheständlern gegenüber zu wenigen Menschen im arbeitsfähigen Alter bemisst. In dieser für die Nachhaltigkeit von Rentensystemen so wichtigen Kennziffer liegt Deutschland auf Platz 38 von 44.

 Auch die im Vergleich zu anderen Staaten hohe Steuerlast schlägt negativ zu Buche.

Nur bei Dichte an Naturschutzgebieten und Gesundheitsausgaben liegt Deutschland im Ruhestand Index vorn

Bei Grünanlagen punktet Deutschland noch  im Welt Ruhestand Index © Pixabay jhenning
Bei Grünanlagen punktet Deutschland noch  im Welt Ruhestand Index © Pixabay jhenning

Kleiner Trost: Nur im Bereich Biodiversität hat Deutschland 2022 den drittbesten Wert aller untersuchten Länder. In diesen Bereich gehen Faktoren wie etwa die Dichte an Naturschutzgebieten ein.

Noch eine gute Nachricht: Deutschland liegt unter den Top Ten sowohl bei den Gesundheitsausgaben pro Kopf und den versicherten Gesundheitsausgaben an fünfter beziehungsweise achter Stelle.

In diesen Ländern geht es Ruheständlern 2022 noch am besten

In diesen Ländern geht es Ruheständlern 2022 noch am besten © 2022 Natixis Global Retirement Index
In diesen Ländern geht es Ruheständlern 2022 noch am besten © 2022 Natixis Global Retirement Index

Die Schweiz verteidigt in der Gesamtwertung aller Kategorien ihren 2. Platz vom Vorjahr. Österreich war letztes Jahr schon draußen und ist weiter abgerutscht von Platz 12 auf Platz 14.

Sieger für einen sicheren Ruhestand im weltweiten Vergleich wurde 2022 Norwegen (voriges Jahr noch Rang 3). Norwegen kickte Island vom Thron. Island landete 2022 auf Rang 3.

Neu in den TOP 10 für einen sicheren Ruhestand ist Tschechien auf Platz 10 (im Vorjahr noch auf Rang 14). Tschechien kickte Canada aus den TOP 10.

Ebenfalls neu in den TOP 10 ist Luxemburg, welches Deutschland aus der Zehner-Führungsgruppe herausschoss. Luxemburg rangiert 2022 auf Platz 7. 2021 war es noch Platz 11, wohin nun 2022 Deutschland gerutscht ist.

Deutschland bei den Alten zu schwach für den Hauptfeind aller: Inflation

Die fünf oben aufgeführten Verliererpunkte von Deutschland im Jahr 2022 – ungleiche Verteilung der Einkommen, gesunkene Lebenserwartung, gesunkenes Glücklichsein, Missverhältnis zwischen Alten und Arbeitenden und Steuerlast – haben die Situation der deutschen Ruheständler auch im Kampf gegen den Hauptfeind aller Länder geschwächt: die Inflation.

Nach vielen Jahren rückt für Rentner in den 44 untersuchten Ländern die steigende Inflation wieder in den Mittelpunkt. Während die Preissteigerung zwischen 2012 und 2020 in den 38 OECD-Mitgliedstaaten im Durchschnitt nur 1,76 % betrug, stieg sie in der ersten Hälfte des Jahres 2022 auf einen Spitzenwert von 9,6 %.

Sebastian Römer (43) aus München leitet das Zentral- und Osteuropa-Geschäft von Natixis Investment Managers SA als Ständiger Vertreter (Prokurist) in München. Seine berufliche Laufbahn begann er bei der Unternehmensberatung McKinsey & Company in Zürich © Xing.com Sebastian Römer
Sebastian Römer (43) aus München leitet das Zentral- und Osteuropa-Geschäft von Natixis Investment Managers SA als Ständiger Vertreter (Prokurist) in München. Seine berufliche Laufbahn begann er bei der Unternehmensberatung McKinsey & Company in Zürich © Xing.com Sebastian Römer

Die in die Höhe schießenden Preise für Öl, Lebensmittel und Unterkünfte lassen die Kaufkraft schwinden. Nach Ansicht von Sebastian Römer (43) aus München, Leiter DACH-Region und Osteuropa bei Natixis IM in München, ist dies für Menschen im Ruhestand die derzeit größte Herausforderung. „Die Geschwindigkeit der Verteuerung sollte Anlass geben, die eigene Ruhestandsplanung zu überdenken“, so der Experte am 13. September 2022 gegenüber der e-fundresearch.com AG aus Wien. „Es wäre fatal, deren Wirkung bei der Altersvorsorgeplanung zu unterschätzen.“

Römer: Gegen Inflation helfen nur Aktien zur Altersabsicherung

Der Rat von Sebastian Römer lautet: „Steigende Zinsen können die Inflation nicht kompensieren. Trotz des gegenwärtig unsicheren und volatilen Umfelds wird nur die Anlage in Aktien auf lange Sicht die Altersvorsorge sichern. In diesem Zusammenhang ist die jüngste Initiative der Bundesregierung zur teilweisen Kapitaldeckung in der gesetzlichen Rentenversicherung sehr zu begrüßen.“ (FM)