Atomausstieg in Deutschland – und die laut TÜV weltweit sichersten Atomkraftwerke werden für immer abgeschaltet. Deutschland wird inzwischen als Geisterfahrer in der Energiepolitik bezeichnet. Heute Nacht gehen die letzten 3 Atomkraftwerke – Isar 2, Neckarwestheim und Emsland – aus Deutschland für immer vom Netz. Die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland ist gegen den Atomausstieg. Eine aktuelle Umfrage von RTL und ntv ergab: „Zwei Drittel sind gegen den Atomausstieg. 43 Prozent wollen die Atomkraftwerke noch länger für die Stromerzeugung nutzen. 25 Prozent forderten darüber hinaus, bereits stillgelegte Atomkraftwerke wieder hochzufahren“. Die drei bis heute am Netz befindlichen Kernkraftwerke produzierten jährlich zusammen 33,2 Mrd. kWh Strom. Das reichte aus, um 9,4 Millionen Haushalte mit je 3 Personen (bei 3.500 kWh jährlichem Verbrauch) ein Jahr lang mit Strom zu versorgen.
Die Naturkatastrophe in Fukushima vom 11. März 2011 (14:46 Uhr Ortszeit) ausgelöst durch das Tōhoku-Erdbeben, ein Seebeben, dessen Flutwellen (Tsunami) auch das an der Küste errichtete Kernkraftwerk beschädigten (Anm. Japan plant weiter den Bau neuer Atomkraftwerke). Der Bundestag hat in der Folge am 11.11.2022 die Änderung des Atomgesetzes beschlossen. Direkt nach der Katastrophe von Fukushima wurden alle deutschen Atomkraftwerke, die bis einschließlich 1980 in Betrieb gegangen waren, abgeschaltet. Dies waren: Biblis A und B, Brunsbüttel, Isar 1, Neckarwestheim 1, Unterweser und Philippsburg 1. Das AKW Krümmel war bereits vom Netz. Am 31. Dezember 2021 wurden die Atomkraftwerke Grohnde, Gundremmingen C und Brokdorf abgeschaltet.
Atomausstieg in Deutschland – Pro und Kontra
Vor wenigen Tagen meldet sich der CEO des TÜV-Verbandes und kritisiert den Atomausstieg: Die deutschen KKW seien die sichersten der Welt. Das gelte bis zur Abschaltung und darüber hinaus. Joachim Bühler – Vorsitzender des TÜV-Verbandes im Interview mit der Bildzeitung: „..das geplante Abschalten der letzten drei deutschen Kernkraftwerke (KKW) ist eine falsche Entscheidung – so seine Aussage. Sie hätten bis Ende des Jahrzehnts sicher weiterlaufen können. In einer Umfrage waren nur 28 Prozent der Bürger für die Abschaltung der Kernkraftwerke am Samstag.
Markus Thomas Theodor Söder – Ministerpräsident des Freistaates Bayern und Parteivorsitzender der CSU würde den Ausstieg aus der Atomkraft am liebsten stoppen. Markus Söder sagt im Interview mit dem Focus, er wird weiter auf Atomkraft setzen. Söder: „Für mich ist klar: Wenn die Union die nächste Bundestagswahl gewinnt, sollte es eine Verlängerung der Kernenergie geben“.
Atomausstieg in Deutschland – Weltweit sind 438 Reaktoren im Betrieb
Kernenergie trägt rund zehn Prozent zur weltweiten Stromproduktion bei. Nach Angaben der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) sind 438 Reaktoren mit einer installierten elektrischen Gesamtnettoleistung von rund 393,333 Gigawatt (GWe) in Betrieb, um elektrischen Strom zu erzeugen (Stand 2. April 2023).
Weltweit im Bau oder in der Planung – neue Atomkraftwerke: Weltweit werden 62 Kernkraftwerke in 8 Ländern mit einer Nettokapazität von 63.576 MW neu geplant.
- China = 47
- Russland = 25
- Indien = 12
- USA = 3
- Ägypten = 2
- Ungarn = 2
- Vereinigtes Königreich = 2
- Rumänien = 2
- Iran = 1
- Finnland = 1
- Japan = 1
- Bulgarien = 1
- Argentinien = 1
- Tschechische Republik = 1
- Pakistan = 1
Atomkraftwerke in der Ukraine – Habeck ist für den Weiterbetrieb
In der Ukraine werden 15 Reaktoren an vier Standorten betrieben. Das größte ukrainische Kernkraftwerk befindet sich in Saporischschja. Es ist mit seinen sechs Reaktorblöcken und einer installierten Nettoleistung von 5.700 MW das leistungsstärkste und das größte Kernkraftwerk Europas. Im Kernkraftwerk Tschernobyl (Ukraine) ereignete sich am 26. April 1986 der bisher weltweit schwerste Unfall in einem Kernkraftwerk, bei der der Reaktor des Blocks 4 explodierte. Erst im Jahr 2000 wurde der letzte verbliebene Block außer Betrieb genommen. Robert Habeck – Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz der Bundesrepublik Deutschland und Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland: „Die Ukraine wird an der Atomkraft festhalten. Das ist völlig klar, und das ist auch in Ordnung, solange die Dinger sicher laufen. Sie sind ja gebaut.“
1 Atomkraftwerk stilllegen – 1.300 Windräder neu aufstellen
Auf Agrarheute erfährt man: „Möchte man ein Kernkraftwerk durch Windkrafträder ersetzen, würde man pro Kernkraftwerk rund 1.300 bis 3.250 Windräder benötigen, haben die MIT-Experten ausgerechnet. Würde man etwa das Kernkraftwerk Emsland mit einer jährlichen Stromproduktion von 10 Milliarden kWh durch moderne Windräder mit einer Produktion von 8 Millionen kWh pro Jahr ersetzen, bräuchte man dafür 1.250 Windräder, heißt es weiter. Bei einem Rotordurchmesser von 70 m und dem Mindestabstand von großen Windparks, würden die Windräder eine Fläche von rund 100 Quadratkilometern einnehmen. Das entspricht beispielsweise der Hälfte der Fläche Stuttgarts, sagt das MIT“.
Investor Jörn Reinecke (MAGNA) will über die Green FOX Energy GmbH in den nächsten vier Jahren 1 Milliarde Euro in Erneuerbare Energien investieren.
Atomausstieg in Deutschland – Lücke mit erneuerbaren Energien schließen
Dr. Joachim Bühler Geschäftsführer und Präsidiumsmitglied – TÜV Verband Deutschland im Gespräch mit der Bildzeitung: „Deutschland wird durch die aktuelle Politik mit einem Versorgungsproblem konfrontiert werden. Die Bundesrepublik wird bis 2030 rund 50 Prozent mehr Strom brauchen als heute. Grund dafür sind die von der Regierung forcierte Elektromobilität und jetzt auch die Wärmepumpen-Pflicht. Das hat ungeahnte fatale Folgen fürs das Klima. Die durch das Abschalten des Atomstroms entstandene Lücke könne nicht, wie Wirtschaftsminister Robert Habeck es sich vorstellt, mit erneuerbaren Energien ausgeglichen werden. Stattdessen wird es „schmutzig“: Atomstrom, der nicht aus regenerativen Energien gedeckt werden kann, müsse nun „durch Strom aus Kohle und Gas kompensiert werden – mit entsprechend schlechterer CO₂-Bilanz„. Deutschland ist – nach Polen – Vizemeister in Europa beim Ausstoß von CO2.
Atomausstieg in Deutschland – Polen steigt in die Atomkraft ein
Deutschland steigt aus der Atomkraft aus – Jürgen Trittin feiert gemeinsam mit Ricarda Lang und den Grünen den Sieg über die Atomkraft. Das Nachbarland Polen will im Jahr 2026 mit dem Bau von sechs AKWs starten. Der Atomeinstieg in Polen wird flächendeckend durch das gesamte politische Spektrum mitgetragen. Noch ist Polen Europameister in Ausstoß von CO2 (noch vor Deutschland) und betreibt eine Vielzahl von Kohlekraftwerken. Mehr als 70 Prozent des in Polen verbrauchten Strom wird in Kohlekraftwerken produziert. Das Kraftwerk Bełchatów in Polen ist Europas größtes Wärmekraftwerk und weltgrößtes Braunkohlekraftwerk mit einer Gesamtleistung von 5420 Megawatt. Mit einem CO2-Ausstoß von 33,2 Mio.
Atomaustieg in Deutschland – mehr Kohleverstromung als Ersatz
Insgesamt gibt es in Europa mit Stand März 2022 1.179 Kohlekraftwerke, davon sind 759 Kraftwerke mit Steinkohle betrieben. Sieben der zehn klimaschädlichsten Kohlekraftwerke in Europa sind laut einer aktuellen Erhebung der britischen Denkfabrik Ember im Jahr 2021 in Deutschland betrieben worden. In Deutschland sind etwa 130 Kraftwerke für Kohle in Betrieb. Der Großteil davon sind Braunkohleanlagen. In den nächsten Jahren soll sich die Anzahl der Kohlekraftwerke in Deutschland noch erhöhen, wobei jedoch mehr Steinkohlekraftwerke gebaut werden.
Weil in Deutschland immer mehr Kohle verstromt wird, ist der Verbrauch an Kohle massiv gestiegen. Die dafür notwendige Kohle wird importiert, da in Deutschland auch der Kohletagebau stillgelegt wird. Im Januar 2023 importierte Deutschland rund 3,24 Millionen Tonnen Steinkohle. Insgesamt seien im Jahr 2022 44,4 Millionen Tonnen im Ausland eingekauft worden, wie eine Auswertung des Vereins der Kohlenimporteure ergab. Steinkohle wird vorwiegend aus den USA und Kanada sowie vor allem aus Russland importiert. Daneben stellen Australien und Kolumbien nach wie vor beträchtliche Importvolumina an Steinkohle in Deutschland zur Verfügung. Deutschland erhöht gerade massiv seine Kohleimporte aus Südafrika: Bezog es 2021 noch etwas mehr als eine Million Tonnen von dort, steigt der Bedarf jetzt drastisch an. Der wichtigste Kohle-Exporthafen Südafrikas in Richards Bay verschiffte im April 2022 nach Informationen des Datenanbieters VesselsValue mehr als 2,4 Millionen Tonnen Kohle, wovon 560.000 Tonnen für Europa bestimmt waren.
Atomenergie – EU bestätigt Nachhaltigkeit
Das EU-Parlament hat die Einstufung von Erdgas und Atomkraft als nachhaltig gebilligt. Mindestens 353 der 705 Abgeordneten hätten dagegen stimmen müssen, um das grüne Siegel für Atomkraft und Gas zu stoppen. Abstimmung über Taxonomie der EU – Es stimmten 328 dagegen, 278 Abgeordnete dafür und 33 enthielten sich der Abstimmung. Bei der Abstimmung in Straßburg ging es um die sogenannte Taxonomie der EU. Sie ist ein Klassifikationssystem, das private Investitionen in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten lenkt und so den Kampf gegen den Klimawandel unterstützen soll.
In einem ersten Schritt wurde bereits im vergangenen Jahr entschieden, die Stromproduktion mit Solarpaneelen, Wasserkraft oder Windkraft als klimafreundlich einzustufen. Unter dem Druck einiger Mitgliedstaaten schlug die EU-Kommission dann zusätzlich vor, auch Investitionen in Gas- und Atomkraftwerke unter bestimmten Bedingungen als klimafreundlich einzustufen. Aber nicht jedes Land will das Votum hinnehmen. Österreich will auf jeden Fall Klage einreichen.
(AH)