Die Diskussion ist nicht neu. Das Bargeld wird abgeschafft, darüber diskutiert man bereits seit Jahren. Bereits vor 11 Jahren, im November 2010 kam die Überschrift: „Bargeld braucht nur noch deine Oma – und der Bankräuber.“ Diesen provokanten wie auch programmatischen Slogan nutzten schwedische und norwegische Gewerkschaften. Die zu dieses Zeit für ein Gesellschaftsmodell eingetreten sind, das auf Barzahlungsmittel völlig verzichtet. Das Argument: Bargeld ist ein verlockendes Relikt aus längst vergangenem Tagen, das Kriminalität fördert. Statt Münzen und Scheinen sollen ausschließlich die bunten Plastikkarten zur Zahlung dienen.

Bargeld - die Tage sind gezählt? Neue Formen von digitalen Geld?
Bargeld – die Tage sind gezählt? Neue Formen von digitalen Geld?

Die Bargeld-lose Gesellschaft

Horst W. Opaschowski, wissenschaftlicher Leiter der Stiftung für Zukunftsfragen sagte dazu im Jahr 2010: „Eine komplett bargeldlose Gesellschaft ist trotz des technischen Vordringens in nahezu alle Lebensbereiche international nicht vorstellbar. Die Welt ist vernetzt wie nie zuvor. Zwar könnte ein derartiges System regional in einigen Ländern allein für sich funktionieren, aber nie global. So die damaligen Ansichten des Zukunftsforschers.

10 Jahre später überlegt die EZB – Einführung eines digitalen Euro

Die Europäische Zentralbank hat die Einführung eines digitalen Euros im Plan. Der Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz möchte aber die Ängste der Bevölkerung zerstreuen: „Bargeld-Liebhaber können aber unbesorgt sein, die neue Währung wird Scheine und Münzen nicht komplett ersetzen. Das Bargeld wird dafür nicht abgeschafft – darüber herrscht im Eurosystem große Einigkeit“. Eine entgültige Entscheidung steht noch aus, aber die Europäische Zentralbank (EZB) prüft bereits mit Nachdruck, ob sie einen digitalen Euro einführen soll. Der digitale Euro soll zunächst eine Ergänzung bestehender Möglichkeiten des Bezahlens sein.

Bargeld-Ära geht ihrem Ende entgegen

Diese Ansicht vertritt der US-Finanzprofessor und Wirtschaftswissenschaftler Eswar Prasad – Cornell Universität: „Digitale Währungen werden herkömmliches Geld bald ersetzen. Die Ära des Bargelds geht ihrem Ende entgegen, während neue Formen digitalen Geldes auf den Markt kommen“, erklärt er im Interview mit der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ). „Diese könnten einem großen Teil der Weltbevölkerung Zugang zu all den Dienstleistungen des Finanzsystems verschaffen, den er heute nicht hat.“

Möglichkeiten durch Blockchain

Ausgerechnet der Bitcoin ist aus Sicht des Experten indes nicht das Zahlungsmittel der Zukunft, sondern lediglich ein „spekulatives Phänomen“. Um als Zahlungsmittel zu dienen, sei das System zu langsam, zu teuer und die Kursentwicklung zu volatil. Außerdem seien mit Bitcoin keine großen Transaktionsvolumina möglich. Die Zukunft anderer Kryptowährungen hält er für ebenso ungewiss. Großes Vertrauen hat Prasad dagegen in die Blockchain-Technologie. „Es ist denkbar, dass auf Blockchain-Basis ganz neue finanzwirtschaftliche Ökosysteme entstehen, in denen günstige, innovative Produkte und Dienstleistungen angeboten werden, die traditionellen Anbietern richtig Konkurrenz machen“, sagt er im NZZ-Interview.

Rücktritt vom Bundesbankchef

In diese ganze Entwicklung um Bargeld, der inzwischen galoppierenden Inflation, der Geldschwemme der EZB (wöchentlich 150 Mrd. Euro neu im Markt), der Probleme der Banken mit Null- und Negativzins, kommt der Rücktritt des amtierenden Bundesbank-Chefs Jens Weidmann wie eine Hiobsbotschaft und ist ein Warnsignal zugleich. Mit ihm geht einer der letzten Kritiker einer zu laxen Geldpolitik. Keine guten Nachrichten für den Sparer und unser Geldsystem. Während Corona hat das bargeldlose Bezahlen zugenommen. Ein Abschied vom Bargeld zeichnet sich nach Einschätzung des scheidenden Bundesbank-Präsidenten aber nicht ab. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sei überzeugt, „..dass Bargeld auch in der absehbaren Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird. Kein anderes Zahlungsmittel wird alle seine Eigenschaften nachbilden können. Auch nicht der digitale Euro.“ (AH)