Die Energiewende in einem so dicht besiedelten Land wie Deutschland ist mit einem Platzproblem verbunden. Die Solarenergie benötigt große Flächen zur Stromerzeugung. Um diese Fläche effizient zu nutzen, sind mehrere Anwendungen auf der gleichen Fläche sinnvoll. Photovoltaik Anlagen auf Häuserdächern stellen ein bekanntes Beispiel dafür dar. Etwas weniger bekannt ist die Kombination mit der Landwirtschaft, die sogenannte Agri-Photovoltaik. Das große Potential dieses Konzepts hat der neue Wirtschaftsminister Habeck ebenfalls erkannt und es in einer überarbeiteten Version des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in einem extra Kapitel erwähnt.

 

Das Konzept der Agri-Photovoltaik

Es gibt 2 verschiedene Ansätze die Photovoltaik Anlagen in die Agrarwirtschaft zu integrieren, damit das schwere Gerät weiterhin die Felder befahren kann. So können die Solarmodule auf Stelzen in einer ausreichenden Höhe montiert werden. Die Solarmodule müssen dennoch Abstände einhalten, damit etwas Sonnenlicht hindurch kommt. Dadurch bekommen alle Pflanzen im Verlauf des Tages Sonnenlicht ab. Besonders in trockenen Regionen hat dieses Methode der Agri-Photovoltaik einen großen Vorteil. Das Solardach schützt den Boden vor dem austrocknen und muss weniger stark bewässert werden. Man könnte sogar von einer dreifachen Nutzung reden, wenn das Photovoltaik Dach als Regensammler genutzt wird. Mit einem entsprechendem Sammelsystem kann das Regenwasser effizient genutzt werden und schont so das Grundwasser oder ermöglicht eine landwirtschaftliche Nutzung in trockenen Regionen erst. Als alternative können die Solarmodule als Trennwände aufgestellt werden. Dabei muss ein Abstand eingehalten werden, der den landwirtschaftlichen Geräten entspricht. Die Höhe muss sich den Abständen anpassen, damit weiterhin genügend Sonnenlicht auf den Acker scheint. Dabei bieten die Trennwände einen Windschutz.

Das Konzept der Agri-Photovoltaik
Das Konzept der Agri-Photovoltaik

 

Das Potential der doppelten Flächennutzung

Um das Potential der Agri-Photovoltaik zu ermitteln haben sich zahlreiche Forschungsgruppen gebildet. Eine deutsche Forschergruppe aus 16 renommierten Wissenschaftlern verschiedener Hochschulen und Institutionen hat bereits Feldversuche in Deutschland durchgeführt. Die Universität Hohenheim hat dazu einen Themenstreckenbrief veröffentlicht. Darin ist der aktuelle Entwicklungsstand und Empfehlungen aufgeführt. In ersten Versuchen ergibt sich eine Effizienz von 160% für die Agri-Photovoltaik im Vergleich  zur normalen Nutzung. Der Verglich wurde mit 100% Weizenanbau und 100% Solarstrom auf der gleichen Fläche am gleichen Standort berechnet. Die Zahlen unterscheiden sich aber stark, je nachdem wie warm oder trocken ein Jahr ist. So wurde 2018 sogar ein höhere Ertrag auf dem  Agri-Photovoltaik Feld erzeugt, als auf dem Vergleichsfeld. Bei Weizen wurde 3% mehr Ertrag erreicht und bei Kartoffeln sogar 11% mehr.

Die gesteigerten Erträge lassen auf großes Potential in wärmeren Regionen schließen. Je nach Pflanzenart lässt ich das System anders aufbauen. Je nach Region ist der Schutz vor unterschiedlichen Umweltbedingungen möglich. Das Solardach schützt vor hoher Sonneneinstrahlung und Hitze, sowie vor zu viel Bewässerung durch ein Regensammlersystem. Der Schutz vor Hagel ist für manche Kulturpflanzen ebenfalls interessant. Und kann totale Ernteausfälle verhindern. Windschutz kann durch vertikale Trennwände geboten werden. Durch den lokal erzeugten Strom können Wasserpumpen oder elektrische landwirtschaftliche Geräte betrieben werden.

 

Aktueller Entwicklungsstand der Agri-Photovoltaik

Die aktuelle Datenlage zeigt enormes Potential für die  Agri-Photovoltaik. Der Ertrag pro Fläche wird für die Landwirtschaft kaum eingeschränkt, während Solarstrom erzeugt werden kann. Sogar eine Ertragssteigerung scheint teilweise möglich zu sein. Dies wäre ein weiterer Schritt für die Energiewende in Deutschland. Nach einer Rechnung der Forschungsgruppe würden 4% der deutschen  landwirtschaftlichen Flächen ausreichen, um den gesamten Energiebedarf des Landes zu decken. Dafür sind dennoch große Investitionen nötig. Durch die doppelte Flächennutzung lässt sich der Ertrag pro Fläche steigern und damit auch der Gewinn. Ein weiterer wirtschaftlicher Vorteil ist ein teilweiser Schutz vor Ernteausfällen. Wenn die Ernte ausfallen sollte, hat sich die Fläche durch den Ertrag der Solaranlagen trotzdem bezahlt gemacht. (TB)

 

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