Haben Sie Anspruch auf Erwerbsminderungsrente (EM-Rente)? Sie sind dauerhaft krank und können nicht mehr ins Berufsleben zurück? Dann haben Sie als gesetzlich Rentenversicherter Anspruch. Anspruch auf eine volle Erwerbsminderungsrente haben Sie nur, wenn Sie weniger als drei Stunden täglich irgendeiner Arbeit nachgehen könnten. Sonst gibt es eine Teilerwerbsminderungsrente.
Wer hat Anspruch auf Erwerbsminderungsrente ?
Die gesetzliche Rentenversicherung ist nicht nur für Senioren im Ruhestand zuständig. Sie unterstützt auch Menschen, die langfristig zu krank sind, um sechs Stunden oder mehr am Tag zu arbeiten. 1,8 Millionen Personen erhalten eine Erwerbsminderungsrente in voller oder halber Höhe – je nachdem, wie viele Stunden sie noch tätig sein können. Das Lebensalter hat nichts mit den Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente zu tun. JüngereMenschen zählen ebenso dazu wie Beschäftigte kurz vor der Altersrente. Der Unterschied ergibt sich bei Versicherten mit kürzeren Erwerbsbiografien oder niedrigem Einkommen, hier reicht die EM-Rente nicht für die Sicherung des Lebensunterhalts.
Voller Anspruch auf Erwerbsminderungsrente
Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) haben Versicherte der gesetzlichen Rentenversicherung. Voraussetzung sind bestimmte Versicherungszeiten. Versicherte müssen vor Eintritt der Erwerbsminderung
- auf mindestens fünf Jahre Beitragszeit kommen – und
- in den letzten fünf Jahren mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge gezahlt haben
- bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten sind die Mindestversicherungszeiten kürzer
- für Wehr- und Zivildienstleistende liegen die Schwellen ebenfalls niedriger.
Neben den Anspruchsfragen müssen Versicherte auch gesundheitliche Voraussetzungen erfüllen. Die gesetzliche Rentenversicherung zahlt erst, wenn eine Krankheit dazu führt, dass Versicherte nur noch weniger als sechs Stunden täglich arbeiten können. Eine volle EM-Rente wird gewährt, wenn ein Antragsteller dauerhaft so krank ist, dass er nur noch weniger als drei Stunden am Tag erwerbsfähig ist. Dabei kommt es nicht auf den Beruf an, den Erkrankte zu Beginn der Erwerbsminderung ausgeübt hat. Ein Maurer, der nicht mehr als Handwerker, aber noch im Call-Center arbeiten könnte, bekommt keine EM-Rente.
Teil- Anspruch auf Erwerbsminderungsrente in halber Höhe
Kann jemand noch zwischen drei und sechs Stunden täglich irgendeiner Tätigkeit nachgehen, aber nicht länger, hat er keinen Anspruch auf volle Erwerbsminderungsrente, er kann aber eine Teilerwerbsminderungsrente betragen. Die Höhe der Teilerwerbsminderungsrente entspricht der Hälfte eine vollen EM-Rente.
Allerdings gibt es für ältere Arbeitnehmer noch eine Zusatzklausel, die für Jüngere nicht in Betracht kommt
Versicherten, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, steht eine Teilerwerbsminderungsrente auch dann zu, wenn sie nur noch eingeschränkt in einem ihrer Qualifikation entsprechenden Beruf arbeiten können.
Für alle ab dem 2. Januar 1961 geborenen Arbeitnehmer gilt: Sie haben dann einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen in keinem Beruf mehr tätig sein können. Ihre berufliche Qualifikation und bisherige Tätigkeit spielt keine Rolle.
100% oder 50% Erwerbsminderungsrente?
Wer aus gesundheitlichen Gründen weniger als sechs Stunden am Tag arbeitsfähig ist, hat Anspruch auf eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente.
Die volle Erwerbsminderungsrente wird manchmal auch dann gezahlt, wenn Versicherte zwar noch zwischen drei und sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könnten, also nur Anspruch auf eine Teilerwerbsminderungsrente hätte, wegen der Arbeitsmarktlage aber keinen Teilzeitjob findet.
Unterschied zwischen Ost- und Westrentnern
Der Unterschied zwischen West- und Ostrenten kann bei höherem Verdienst und längerer Beitragszeit sogar noch größer ausfallen. Das liegt am sogenannten Umrechnungsfaktor, der die ostdeutschen Verdienste künstlich erhöht. Er war in der Vergangenheit höher und soll bis 2025 abgeschmolzen werden.
Zurechnungszeit lässt die Rentenzahlung steigen
Um die Erwerbsminderungsrente zu erhalten muss man einen Antrag beim Rentenversicherer stellen. Dieser untersucht mit eigenen medizinischen Gutachtern, ob und in welchem Umfang der Antragsteller noch arbeiten kann. Neben den gesundheitlichen Einschränkungen prüft die Rentenversicherung, ob die formalen Bedingungen für einen Rentenantrag erfüllt sind . Gerade jüngeren Erwerbsgeminderten fehlen oft noch einige Jahre bis zum Beginn ihrer regulären Altersrente (somit auch viele Beitragsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung).
Für diese Zeit erhalten sie einen Ausgleich in Form einer sogenannten Zurechnungszeit. Es wird dann rechnerisch so getan, als ob die Person weitergearbeitet und Rentenbeiträge gezahlt hätte. Vor 2018 wurde eine Zurechnungszeit bis zum 62. Geburtstag zugrunde gelegt. Für alle, die später eine Erwerbsminderungsrente beantragten, erhöhte sich die Zurechnungszeit. Die günstigere Regelung gilt nur für Neurentner, nicht für die, die schon eine Rente erhalten.
Rentenabschläge bis 10,8 %
Bei Erwerbsminderungsrenten gibt es (wie beider Altersrente auch) sogenannte Rentenabschläge, wenn die Rente vorzeitig bezogen werden soll. Für jeden Monat, den die Erwerbsminderungsrente vor diesem Zeitpunkt beginnt, werden 0,3 Prozent abgezogen, maximal 10,8 Prozent. Die Altersgrenze für eine ungekürzte Erwerbsminderungsrente lag 2021 bei 64 Jahren und sechs Monaten. Diese Altersgrenze für eine ungekürzte Erwerbsminderungsrente steigt für die Neurentner stufenweise bis 2024 auf 65 Jahre, bis 2031 schrittweise auf 67 Jahre.
Günstigerprüfung: Vorteil für jüngere Antragsteller
Seit dem 1. Juli 2014 profitieren Erwerbsunfähigkeitsrentner von der sogenannten Günstigerprüfung. Die Rentenversicherung klärt im Antragsverfahren, ob sich die letzten vier Jahre vor der Erwerbsminderung negativ auf die Rentenhöhe auswirken. Mindern diese Jahre die Rentenansprüche, fallen sie beim Berechnen der tatsächlichen Rente heraus. Der Grund dafür: Viele Menschen sind in der Zeit vor dem Rentenbeginn gesundheitlich so stark eingeschränkt, dass sie z.B. keine Überstunden mehr leisten können oder nur noch Teilzeit arbeiten können, länger krankgeschrieben sind oder Krankengeld beziehen.
Normalerweise beruht die Berechnung der Rentenhöhe auf dem Durchschnittsverdienst des Versicherten seit dem 17. Lebensjahr. Krankheitsbedingte Einkommenseinbußen in den letzten Jahren können diesen Durchschnitt deutlich nach unten ziehen.Wer schon vor dem 1. Juli 2014 eine Erwerbsminderungsrente bezog, kann die Günstigerprüfung nicht nachträglich in Anspruch nehmen.
42% der Anträge auf Erwerbsminderungsrente werden abgelehnt
Etwa 42% Prozent der Anträge auf eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente wurden 2020 abgelehnt. Dabei lehnt die Rentenversicherungsträger den Antrag entweder komplett ab oder spricht dem Antragsteller nur die halbe Rente zu.
Scheitert der Antrag, können Versicherte Widerspruch einlegen. Lehnt der Rentenversicherer den Antrag auf eine Erwerbsminderungsrente nach dem Widerspruch immer noch ab, bleibt eine Klage vor dem Sozialgericht. Bei Rentenanträgen und Widersprüchen bestellen die Rentenversicherungsträger immer eigene Gutachter. Erst das Gericht zieht im Verfahren einen neutralen Gutachter zu Rate. Entscheidet der Gutachter zugunsten des Versicherten, bewilligt der Rentenversicherer in der Regel die Rente, bevor das Gericht zu einem Urteil findet. Die Richter folgen meist den Empfehlungen aus einem solchen neutralen Gutachten. Während des Verfahrens haben Sie Anspruch auf Lohn oder Krankengeld. Endet Ihr Krankengeldanspruch, melden Sie sich – auch bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis – bei der Arbeitsagentur. Unter Umständen haben Sie bis zur Entscheidung über den Antrag einen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Tipps für die Erwerbsminderungsrente
- Kontenklärung
Stellen Sie rechtzeitig bei der Rentenversicherung einen Antrag auf Kontenklärung. Vervollständigen Sie Ihren Versicherungsverlauf. Bei geschiedenen Ehepartner ist diese Kontenklärung schon erfolgt, die müssen nur noch ab dem Scheidungsdatum aktualisieren
- Rentenhöhe
Die Höhe Ihrer monatlichen Erwerbsminderungsrente finden Sie in der Renteninformation. Sie bezieht sich immer auf 100%. Sie wird Versicherten ab 27 Jahren jährlich zugeschickt.
- Krankengeschichte
Dokumentieren Sie Ihre Krankengeschichte lückenlos im Vorfeld einer Begutachtung (Krankheitsverlauf, Behandlungen, OP’s, Reha).
- Antragspaket
Die Berater der Rentenversicherung helfen, einen Termin sollten Sie jedoch vorher vereinbaren. Nehmen Sie ärztliche Attests sowie die Geburtsurkunde mit.
- Übergangszeit
Während des Antragsverfahrens haben Sie in der Regel Anspruch auf Lohn oder Krankengeld. Endet Ihr Krankengeldanspruch, melden Sie sich – auch bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis – bei der Arbeitsagentur. Eventuell können Sie bis zur Entscheidung einen Arbeitslosengeldanspruch haben.
- Bescheid
Prüfen Sie den Bescheid sofort. Wird Ihr Antrag abgelehnt oder nur die halbe Rente bewilligt, können Sie innerhalb eines Monats widersprechen.
- Anwalt/ Widerspruch
Sollten Sie eine Rechtsschutzversicherung mit Sozialrechtsschutz haben, beauftragen Sie einen Rechtsanwalt mit dem Widerspruch. Dieser holt für Sie bei der Versicherung eine Kostendeckungszusage ein und beantragt Einsicht in verfahrenserhebliche Unterlagen (z.B. medizinische Gutachten der Rentenversicherung). Der Rechtsanwalt wird beim Sozialgericht klagen, sobald der Widerspruch abgelehnt wird.
- Grundsicherung
Eine Erwerbsminderungsrente reicht meist nicht zum Leben. Verfügen Sie über kein zusätzliches Einkommen, können Sie beim Sozialhilfeträger
Grundsicherung beantragen. Den Antrag können Sie auch bei der Deutschen Rentenversicherung stellen.
- Hinzuverdienst bei Rente wegen voller Erwerbsminderung
Es gilt die gleiche Hinzuverdienstgrenze wie für die Rentner, die eine vorgezogene Altersrente bekommen, also 6.300,00 Euro jährlich. Was Sie darüber hinaus verdienen, wird zu 40 Prozent auf die Rente angerechnet. Für die Jahre 2021 und 2022 liegt die Verdienstgrenze bei vorgezogenen Altersrenten bei 46.060 Euro. Rentnerinnen und Rentner können daher bis zu 46.060 Euro im Kalenderjahr zu ihrer Rente hinzuverdienen, ohne dass diese gekürzt wird. Die Erhöhung der Verdienstgrenzen soll Personalengpässe entgegenwirken, die durch die Corona-Pandemie entstanden sind. Ab 2023 gilt voraussichtlich wieder die ursprüngliche Hinzuverdienstgrenze von 6.300 Euro pro Kalenderjahr.
- Hinzuverdienst bei Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
Die jährliche Hinzuverdienstgrenze wird individuell berechnet. Sie orientiert sich am höchsten Einkommen der letzten 15 Jahre. Aktuell wird eine Mindesthinzuverdienstgrenze von 15.989,40 Euro jährlich zugrunde gelegt. Der Verdienst, der über dieser Grenze liegt, wird zu 40 Prozent auf die Rente angerechnet.
2019 hat die Rentenversicherung die Zurechnungszeiten bei der Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) erhöht. Vielen Betroffenen nutzte diese Erhöhung nichts. Wer vor dem 1. Januar 2019 eine EM-Rente bezog, ging bei der Erhöhung leer aus. Etwa 1,8 Millionen Menschen waren davon betroffen.
Für wen gilt die Neuregelung?
Durch die neue Regelung bekommen die sogenannten Rentner im Bestand, deren EM-Rentenstart zwischen dem 1.1.2001 und dem 31.12.2018 lag, einen Aufschlag. Zum 1.1.2001 wurden Abschläge auf Erwerbsminderungsrenten von bis zu 10,8 % eingeführt. So sollen die Verbesserungen für Erwerbsminderungsrenten auf den Zeitraum zwischen 2001 und 2018 begrenzt werden.
Die Umsetzung erfolgt laut Gesetz ab dem 1. Juli 2024. Die Erhöhung der Erwerbsminderungsrente erfolgt in zwei Gruppen:
- Wer zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 30.6.2014 erstmalig seine EM-Rente bezogen hat, erhält einen Zuschlag in Höhe von 7,5 Prozent.
- Wer zwischen dem 1. Juli 2014 und dem 31. Dezember 2018 erstmalig seine EM-Rente bezogen hat, erhält 4,5 Prozent mehr.
Von den Verbesserungen profitieren übrigens auch Altersrentnerinnen und -rentner, die zuvor EM-Rente bekamen. Gleiches gilt für auch für Witwen und Witwer, die eine Hinterbliebenenrente erhalten.Die neu berechnete EM-Rente wird ab dem 1. Juli 2024 automatisch vom Rentenservice überwiesen.
Noch kein Kommentar vorhanden.