Der Hamburger Unternehmer Jörn Reinecke (49) hat das uralte Börsengestein, die vor 123 Jahren als Bremisch-Hannoversche Kleinbahnaktiengesellschaft gegründete Aves One AG am Altonaer Holzhafen, im Jahr 2012 als Berater und Investor neu ausgerichtet und groß gemacht. Nun will er die Aves One AG in die nächste Entwicklungsphase überführen.

Jörn Reinecke (49) ist ein Hamburger Investor, der sich in seinen Beteiligungen auf die Geschäftsfelder Logistik, Immobilien und FinTech fokussiert hat. Unter anderem ist er Mehrheitseigentümer des in Hamburg ansässigen Immobilienunternehmens Magna Real Estate AG, einem der führenden Unternehmen im Bereich Entwicklung von Büro-, Wohn- und Sozialimmobilien sowie Assetmanager für Dritte © Magna Real Estate AG
Jörn Reinecke (49) ist ein Hamburger Investor, der sich in seinen Beteiligungen auf die Geschäftsfelder Logistik, Immobilien und FinTech fokussiert hat. Unter anderem ist er Mehrheitseigentümer des in Hamburg ansässigen Immobilienunternehmens Magna Real Estate AG, einem der führenden Unternehmen im Bereich Entwicklung von Büro-, Wohn- und Sozialimmobilien sowie Assetmanager für Dritte © Magna Real Estate AG, Rolf Otzipka

Inzwischen hat sich die Aves One AG zum Vermieter mit der modernsten Güterwaggon-Flotte Europas gemausert.

Modernste Güterwaggonflotte heißt: Ein Drittel der 11.100 starken Aves One-Flotte ist jünger als 10 Jahre, das Durchschnittsalter liegt bei 16 Jahren – bei einer Nutzungsdauer von mindestens 45 Jahren. Kunden sind Staatsbahnen, Reedereien, Industriekonzerne, Logistikfirmen.

Doch modern reicht plötzlich nicht mehr aus.

Der Markt schwenkt massiv von Straße auf Schiene um. Die Nachfrage nach Waggons übersteigt das Angebot.

Bis zum Jahr 2030 plant die EU, den Güterverkehr auf der Schiene um 50 Prozent zu steigern. Vor allem, um die EU-Klimaziele von Klimaneutralität im Jahr 2050 zu erreichen.

Denn ein einziger Güterzug kann die Fracht von 52 LKW transportieren. Gleichzeitig spart jede Tonne, die auf die Schiene verlagert wird, 80 Prozent CO2 gegenüber dem LKW ein.

Zwischen 2020 und 2030 investiert die deutsche Bundesregierung jährlich eine Milliarde Euro „zur Stärkung der Schiene“.

Das Jahr 2021 ist außerdem das erste Jahr, indem das 4. EU-Eisenbahnpaket seine vollständige Anwendung findet. Es stellt die Weichen für einen einheitlichen europäischen Eisenbahnraum, der ein effizienteres Schienennetz für die nahtlose Mobilität über Grenzen hinweg gewährleisten soll.

Damit die Aves One AG hier Schritt halten kann, braucht sie frisches Großkapital.

Reinecke und die Aves One-Vorstände konnten dafür die institutionellen Mega-Investoren Swiss Life aus der Schweiz und Vauban aus Frankreich als neue Geldgeber gewinnen.

Die Aves One AG ist gut aufgestellt.

Die neuen Geldgeber springen praktisch auf einen fahrenden Zug auf. Denn unter Reineckes Einfluss ist der Wert des Aves One AG-Gesamtassets in den vergangenen Jahren bereits sprunghaft gewachsen.

Die beiden Vorstände der Aves One AG: die Diplomkaufmänner Tobias Philip Aulich (39, links) aus Hamburg und Sven Meißner (41) aus Lüneburg © Geschäftsbericht Aves One AG für 2020
Die beiden Vorstände der Aves One AG: die Diplomkaufmänner Tobias Philip Aulich (39, links) aus Hamburg und Sven Meißner (41) aus Lüneburg © Geschäftsbericht Aves One AG für 2020

„Wir haben in den vergangenen fünf Jahren unser Assetportfolio auf nahezu 800 Millionen Euro mehr als verdreifacht“, sagt Aves One AG-Vorstand Diplomkaufmann Tobias Philip Aulich (39) aus Hamburg.

Doch der Markt verlangt nach noch mehr Rail-Assets (Güterwaggons).  Um den Bedarf zu decken, bräuchte die Aves One AG einen Bestand von mindestens 1 Milliarde Euro.

Am 6. August 2021 bestellten die Aktionäre um Reinecke und die Vorstände der Aves One AG daher das Aufgebot für eine Elefantenhochzeit.

Jörn Reinecke, der rund 29 Prozent der über 13 Millionen Aves One-Aktien hält, sowie die beiden anderen Ankeraktionäre Zahnärztekammer Berlin (21 Prozent) und das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Nordrhein (15 Prozent) und noch weitere Aktionäre mit einem Anteil von rund 20 Prozent haben allesamt am 6. August 2021 „unwiderrufliche Zusagen“ gegeben, ihre Aktien an einen gemeinsamen Fonds des Lebensversicherers Swiss Life Asset Managers aus Zürich und der französischen Fondsverwalterin Vauban Infrastructure Partners (einer Tochtergesellschaft von Natixis Investment Managers) aus Paris zu verkaufen, wenn es zu einer Übernahme kommt.

Das sind schon mal rund 85 Prozent der Aves One-Aktien. Vorstand und Aufsichtsrat raten allen Aktionären, das geplante Übernahmeangebot anzunehmen.

Stimmt die BaFin dem eingereichten Übernahmeangebot zu, will die neu gegründete Münchener Fondsgesellschaft von Swiss Life und Vauban, die bisherige Blitz 21-821 AG (zukünftig: Rhine Rail Investment AG), sämtlichen Aktionären der Aves One AG im Wege eines freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebots alle Aktien zu je 12,80 Euro in bar abkaufen.

Das entspricht einer Prämie von 38,1 Prozent auf den Durchschnittskurs der vergangenen drei Monate für die Aktien der Aves One AG.

„Wir begrüßen die aus dem angebotenen Preis resultierende attraktive Prämie für unsere Aktionärinnen und Aktionäre. Das Angebot verspricht der Gesellschaft und ihren Stakeholdern eine nachhaltig positive Perspektive. Deswegen unterstützen wir vorbehaltlich der Prüfung der Angebotsunterlage das Angebot des Konsortiums“, sagt Sven Meißner, Vorstand der Aves One AG.

Der neue Investor hat sich bereit erklärt, frisches Kapital in Höhe von bis zu 350 Millionen Euro für Aves One bereitzustellen.

In die Firmenkasse von Aves One sollen nach der erfolgreichen Übernahme sofort 100 Millionen Euro fließen, um  dem Management von Aves One zu ermöglichen, „seinen ehrgeizigen Wachstumsplan umzusetzen“, wie es in einer gemeinsamen Presseerklärung von Swiss Life und Vauban vom 6. August 2021 heißt.

Die Aves One AG hat nämlich bereits im Juni 2021 weitere Zukäufe für den Ausbau des Rail-Portfolios unterzeichnet.

Insgesamt wurden Transaktionen mit einem Volumen von rund 110 Millionen für Kessel-, Intermodal- und Güterwagen vereinbart.

Der Markt verlangt nach mehr Waggons © Aves One AG Nachhaltigkeitsbericht 2021
Der Markt verlangt nach mehr Waggons © Aves One AG Nachhaltigkeitsbericht 2021

Etwa die Hälfte der Auslieferungen soll noch im Verlauf des aktuellen Geschäftsjahres erfolgen. Damit werden die neuen Wagen zum weiteren Wachstum der Ertrags- und Vermögenslage im Geschäftsjahr 2021 beitragen. Die übrigen Einheiten werden bis zum Jahr 2023 ausgeliefert.

Christoph Bruguier, Senior Investment Director bei Vauban Infrastructure Partners, freut sich auf die Zusammenarbeit: „Aves One besitzt eines der jüngsten und hochwertigsten Portfolios an Schienen- und Transportmitteln in Europa, das für eine Vielzahl von Kunden von zentraler Bedeutung ist. Wir freuen uns darauf, mit dem Managementteam und den Mitarbeitern des Unternehmens zusammenzuarbeiten, um sie dabei zu unterstützen, das volle Potenzial von Aves One auf nachhaltige Weise und nach den besten ESG-Standards zu nutzen“.

Mikhail Nahorny, Executive Director bei Swiss Life Asset Managers, ergänzt: „Aves One ist eine starke Plattform in der Bahninfrastrukturbranche, die angesichts der Bedeutung des Schienengütertransports für moderne Volkswirtschaften und des zunehmenden regulatorischen Drängens auf umweltfreundliche Transportmittel zunehmend an Bedeutung gewinnt.“

Jörn Reinecke unterstützt die Übernahme:

„Damit stellt die Aves One AG die Signale ganz klar auf Fortsetzung ihres Wachstums- und Konsolidierungskurses. Das Marktumfeld für unser Geschäftsfeld ist so günstig wie selten, weil die Nachfrage für Dienstleistungen im Bereich der Logistik ungebrochen ist und noch weiter steigen wird. Deshalb bin ich mir sicher, dass das Unternehmen mit dem neuen Investor weiterwachsen und sich im Bereich Logistik-Equipment noch stärker etablieren wird.“

Über Swiss Life Asset Managers

Swiss Life Asset Managers ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Swiss Life-Gruppe, einer an der SIX Swiss Exchange notierten Lebensversicherungsgesellschaft.

Per 31. Dezember 2020 verwaltete Swiss Life Asset Managers insgesamt 270 Milliarden Schweizer Franken (rund 251 Milliarden Euro) an Vermögenswerten für die Swiss Life-Gruppe und ihre Kunden, wovon 7,3 Milliarden Schweizer Franken (6,78 Milliarden Euro) auf den Bereich Infrastructure Equity entfallen.

Swiss Life Asset Managers verfügt über ein engagiertes Infrastructure Equity Team von mehr als 40 Anlageexperten, das sich auf Investitionen in globale Infrastrukturanlagen, einschließlich erneuerbarer Energien, konzentriert und nachweislich Mehrwert für seine Kunden geschaffen hat.

Über Vauban Infrastructure Partners

Vauban Infrastructure Partners ist ein führender Infrastruktur-Asset-Manager, der sich auf europäische Kerninfrastrukturinvestitionen konzentriert. Vauban Infrastructure Partners ist eine Tochtergesellschaft von Natixis Investment Managers, die sich auf Kapitalbeteiligungen im Infrastrukturbereich spezialisiert hat. Sie hat ihren Sitz in Paris und eine Tochtergesellschaft in Luxemburg und beschäftigt 46 Mitarbeiter. Vauban Infrastructure Partners hat über 5 Fonds zirka 6 Milliarden Euro für Kerninfrastrukturinvestitionen eingeworben und in mehr als 50 Anlagen in den Bereichen Mobilität, Versorgungseinrichtungen, soziale und digitale Infrastruktur in verschiedenen Regionen investiert. (FM)