Tiktok-Algorithmus – Immer wieder spannend, wenn die App genau weis was sie wollen. Man fragt sich dann, woher kennt die App mich so gut? Das Portal Tiktok liefert dir immer genau das, was sie wollen? Journalisten des Wall Street Journals haben sich der Sache einmal angenommen und sind der Frage auf den Grund gegangen. Mithilfe selbsterstellter Bot-Profile haben Journalisten dann wertvolle Einblicke gewonnen. Das Ergebnis erstaunte: Tiktok verfolgt die Aktivitäten mehr als sie denken würden.

Tiktok-Algorithmus – Welche Daten sammelt die Seite von den Usern

Tiktok-Algorithmus - so funktioniert diese Seite
Tiktok-Algorithmus – so funktioniert diese Seite

Bereits die sehr präzise angepasste Startseite von TikTok, wirft die Frage auf: Welche Daten TikTok von seinen Nutzern sammelt. Das Unternehmen Bytedance das hinter der Kurzvideo-App steckt, lüftete bisher nie sein Geheimnis um den genutzten Algorithmus. Auf der Website wird nur kurz beschrieben, ist handelt sich um ein Engagement in Form von Likes, Shares oder Kommentaren, diese würden die Popularität der Videos ankurbeln. Das erklärt aber nicht, wie diverse Nischen abseits des Tiktok-Mainstreams mit seinen Tänzen und Challenges entstehen können. Die Journalisten vom Wall Street Journal (WSJ) sind schließlich der Sache auf den Grund gegangen. So wurden über 100 Bot-Profile erstellt, die Tiktok-Videos abspielten. Damit konnten sie die Entwicklung der For-You-Page besser untersuchen.

Content auf der For-You-Page

Das Team des Wall Street Journal wies dann jedem Bot ein Alter und eine IP-Adresse zu. Die IP-Adresse ist für den Algorithmus relevant, um standortbasierte Inhalte vorzuschlagen. Außerdem erhielt jeder Bot eine Auswahl von Interessen-Tags – für Tiktok nicht einsehbar. Auf diese Weise wollten die Journalisten herausfinden, wie schnell und auf welche Art und Weise Tiktok die „Interessen“ der Bots entdecken und entsprechenden Content auf der For-You-Page vorschlagen würde.

Worauf springer die Nutzer an?

Im TikTok-Universum beginnt die Reise der Bots mit Mainstream-Videos. Es wird bereits zu Beginn geprüft, worauf der neue Nutzer oder die neue Nutzerin anspringt. Etwas später sinken die Likes und Views der angezeigten Videos auf der For-You-Page. So gelangen die Nutzer schon bald in Nischen, aus denen sie laut WSJ nur schwer herauskommen. Das Problem: Videos mit weniger Views werden mit höherer Wahrscheinlichkeit nicht von Moderator auf Verletzungen der Nutzungsbedingungen geprüft. Manche Tiktok-Nischen – samt ungeprüfter Inhalte – bleiben so unentdeckt.

Schwachstellen von Nutzern herausfinden

Der Tiktok-Algorithmus habe in vielen Fällen deutlich weniger als 120 Minuten benötigt, um die unbekannten Interessen der Bots zu erkennen. Der Algorithmus schaffte es sogar bei manchen Bots in weniger als 40 Minuten. Experte Chaslot spricht davon, dass der Tiktok-Algorithmus die Schwachstellen von Nutzern herausfinden könne. Diese Schwachstellen seien Themen, die Menschen triggerten und so die Verweildauer erhöhten. Deshalb zeige der Algorithmus nicht nur Feel-Good-Content, der Nutzer zum Lachen bringt, sondern den, der die stärkste Anziehung hat. Das Experiment des Wall Street Journal zeigt: Zum Teil sind das gefährliche oder verstörende Inhalte.

Gesetze der Aufmerksamkeitsökonomie

Laut Wall Street Journal funktioniere Tiktok nach wie vor nach den Gesetzen der Aufmerksamkeitsökonomie. Experte Chaslot sagt, der Algorithmus merke, dass die Kundeninteraktion steigt, wenn die Videos zu den Interessen passen. Aus dem Grund werde extremer Content, wie beispielsweise die Depressions-Videos, gefördert, um mehr und mehr Bildschirmzeit der User zu generieren. Auch Bot-Fake-Profile mit massentauglichen Interessen seien in die Nischen gepusht worden. Dass Tiktok die Verweildauer trackt, hat Bytedance bisher noch nicht zugegeben. Die Frage nach weiteren Datenschutzverletzungen bleibt weiterhin offen. (AH)