Der Digital Services Act (DSA), auf Deutsch Digitale Dienste Gesetz (DDG), erleichtert die Entfernung illegaler Inhalte und soll die Grundrechte im Internet besser schützen. Das Gesetz über digitale Dienstleistungen ist im November 2022 in Kraft getreten und wird erst ab 2024 angewendet. Für sehr große Plattformen und große Suchmaschinen gelten die neuen Gesetze aber bereits früher. Das seit mehr als 5 Jahren gültige Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) wird in Deutschland durch das Digitale Dienste Gesetz ersetzt und das Telemediengesetz (TMG) wird ebenfalls teilweise abgelöst. Ist der Digital Services Act eine sinnvolle Ergänzung oder wird es wieder eine weitere nervige Hürde ohne viel Substanz?

Digital Services Act legt neue Regeln für alle sozialen Medien und großen Internetplattformen fest
Digital Services Act legt neue Regeln für alle sozialen Medien und großen Internetplattformen fest

Digital Services Act einfach erklärt

Wie bei vielen Gesetzten rund um Sicherheit wird die Freiheit eingeschränkt, damit die Allgemeinheit sicherer wird. Das bedeutet für den Digital Services Act, dass zum Schutz der Redefreiheit im Internet gegen die Redefreiheit im Internet vorgegangen werden muss. Bei dem DSA geht es aber auch um gefälschte Produkte und das Verbot von „dark patterns“, die zu ungewollten Käufen leiten. Ein besserer Schutz der Grundrechte soll gewährleistet werden, indem illegale Hassrede, terroristische Inhalte, Cyber-Stalking oder Darstellungen sexuellen Missbrauchs an Kindern besser bekämpft wird.

Jeder einzelne Mitgliedsstaat der EU muss das Gesetz selbst umsetzten, während die EU eine zentrale Verwaltungsstelle schafft. Der erste deutsche Gesetzesentwurf zur Umsetzung nennt sich das Digitale-Dienste-Gesetz und wurde zuerst von „background Tagesspiegel“ erwähnt und von Netzpolitik.org vollständig veröffentlicht. Die deutsche Umsetzung sieht vor, das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) vollständig abzulösen und das Telemediengesetz (TMG) fast vollständig abzulösen. Der DSA nimmt besondere Rücksicht auf Kleinst- und Kleinunternehmen.

Eine erfreuliche Nachricht für alle Internetnutzer ist hierbei eine mögliche Änderung der nervigen Cookie-Banner (EinwV). Die penetranten Cookie-Banner, für die Zustimmung der Datennutzung, werden in Zukunft höchstwahrscheinlich durch Cookie-Verwalter abgelöst, sodass Nutzer zentral einstellen können, welche Daten auf welchen Webseiten gespeichert werden dürfen.

Für wen gilt der Digital Services Act?

Der Digital Services Act gilt für alle Plattformen, die den Verbrauchern Inhalte, Produkte oder Waren vermittelt, also im Prinzip jede Webseite im Internet. Demnach gilt das DSA für Hosting-Dienste, Marktplätze, App-Stores, und Online-Plattformen, die Dienstleistungen in der EU anbieten, unabhängig vom Ort ihrer Niederlassung. Für große Plattformen (z.B. Amazon) und Suchmaschinen (z.B. Google) bringt das Gesetz gesonderte Vorschriften mit besonderer Sorgfaltspflicht. Als große Plattform gilt man ab einer Nutzerzahl von 10 % der europäischen Bevölkerung, also 45 von 450 Millionen Menschen.

Es gilt eine Art Zwiebelschema für die Vorschriften und Sorgfaltspflichten, da z.B. ein Anbieter von einer .de Domain weniger Verantwortung für die Inhalte trägt, als der tatsächliche Mieter/Käufer der .de Domain. Dazu hat die EU vier Kategorien festgelegt, von wenig Verantwortlichkeit bis zu großer Sorgfaltspflicht angeordnet:

  • Vermittlungsdienste (Internetanbieter, Domänenverwaltung)

  • Hosting-Dienste (Cloud- und Webhosting)

  • Online-Plattformen (Marktplätze, soziale Medien etc.)

  • Sehr große Online-Plattformen (ab 45 Millionen Nutzer)

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17 große Plattformen und 2 große Suchmaschinen von dem Digital Services Act betroffen

Nach dem Digital Services Act gelten die folgenden 17 Plattformen und 2 Suchmaschinen als sehr groß und müssen sich daher an besondere Regeln halten. Die Erhebung der Nutzerzahlen findet alle sechs Monate statt, sodass sich die Liste der großen Plattformen alle 6 Monate ändern kann. Nachdem eine Plattform als Riese eingestuft wurde, hat diese 4 Monate Zeit, um den Digital Services Act umzusetzen. Nach Ablauf der vier Monate müssen Strafen verhängt werden, wenn es Verstöße gibt.

  • Alibaba AliExpress

  • Amazon Store

  • Apple AppStore

  • Booking.com

  • Facebook

  • Google Play

  • Google Maps

  • Google Shopping

  • Instagram

  • LinkedIn

  • Pinterest

  • Snapchat

  • TikTok

  • Twitter

  • Wikipedia

  • YouTube

  • Zalando

Große Online-Suchmaschinen:

 

Wie wird der Digital Services Act umgesetzt?

Der Digital Services Act wird durch einen sogenannten „Risiko-Governance-Ansatz“ umgesetzt, bei dem von den Unternehmen erwartet wird, dass sie fortlaufende Risikobewertungen durchführen, ihre Maßnahmen zur Risikominderung darlegen und an jährlichen Prüfungen durch unabhängige Dritte teilnehmen. Die EU-Kommission will Plattformen mit mehr als 45 Millionen Nutzern selbst überwachen und für kleinere Plattformen sollen die einzelnen Staaten eine Beschwerdestelle (DSC – Digital Service Coordinator) eingerichtet werden.

Die Nichteinhaltung des Digital Services Act kann mit Strafen von bis zu 6 % des Jahresumsatzes des Unternehmens in der Europäischen Union geahndet werden. Alle EU-Mitgliedstaaten müssen einen oder mehrere Koordinatoren für digitale Dienste mit den entsprechenden Befugnissen einsetzten.

Ab wann gilt der Digital Services Act?

Der Digital Services Act ist am 16.11.2022 in Kraft getreten und gilt ab dem 17.02.2024. Deutschland muss bis dahin seine Vorschriften auf Bund und Länderebene anpassen, um das Gesetz bis 2024 umzusetzen. Am 25.04.2023 hat die EU die Liste der großen Plattformen veröffentlicht und diesen 4 Monate Zeit gegeben (25.08.2023), die neuen Vorschriften umzusetzen. Zu diesem Stichtag müssen die großen Plattformen eine jährliche Risikobewertung durchführen und bei der Kommission einreichen. Für die kleineren Plattformen ist noch Zeit bis zum Stichtag am 17.02.2024. In Deutschland werden zur Umsetzung sehr wahrscheinlich die folgenden Gesetze in dem Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) angepasst werden:

  • Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG)

  • Telemediengesetz (TMG)

  • Jugendschutzgesetz (JuSchG)

Was bringt der Digital Services Act für Privatpersonen/Bürger?

Ziele der EU:

  • Besserer Schutz der Grundrechte

  • Einfache Melde- und Beschwerdefunktion auf Plattformen

  • Größere Auswahl an Produkten

  • Niedrigere Preise bei Produkten

  • Weniger illegale Inhalte

  • Besserer Zugang zu europäischen Marktplätzen

Vorteile für Internetnutzer

  • Werbung: Informationen, wieso eine bestimmte Werbung angezeigt wird
  • Werbung: Zielgerichtete Werbung ist verboten. Zum Beispiel auf eine ethnische Gruppe, sexuelle Ausrichtung oder Religion ausgerichtet
  • Dark Patterns: Online-Plattformen und -Märkte dürfen niemanden dazu bringen, ihre Dienste zu nutzen, indem sie z. B. eine bestimmte Wahlmöglichkeit stärker hervorheben oder Empfänger durch störende Pop-ups dazu drängen, ihre Wahl zu ändern. Außerdem sollte die Kündigung eines Abonnements für einen Dienst genauso einfach sein wie das Abonnieren.
  • Sicherheit: Marktplätze wie Amazon müssen für mehr Sicherheit sorgen, sodass die Angaben zu den Produkten der Händler korrekt sind. Zusätzlich müssen „Anstrengungen“ unternommen werden, um illegale Inhalte und falsche Informationen zu unterbinden, z.B. durch Stichproben.

Transparenz und algorithmische Rechenschaftspflicht

Alle Online-Plattformen müssen öffentlich darüber berichten, wie sie automatisierte Tools zur Inhaltsmoderation einsetzen und wie hoch die Fehlerquote dieser Tools ist.

Die Europäische Union erhält Zugang zu den Algorithmen von den sehr großen Plattformen, um sicherzustellen, dass die Grundrechte gewahrt werden und keine Gruppen bevorzugt behandelt werden. Dabei geht es insbesondere um das Entfernen von Inhalten der Nutzer.

Alle Online-Plattformen müssen die Anzahl der von den nationalen Behörden erlassenen Entfernungsanordnungen und alle Meldungen über das Vorhandensein illegaler Inhalte durch vertrauenswürdige Kennzeichner (Inhaltsmoderatoren) oder durch automatische Mittel offenlegen.

Digitale Offensive der Europäischen Union setzt EU-weite Standards
Digitale Offensive der Europäischen Union setzt EU-weite Standards

Digitale Offensive der Europäischen Union

Der Digital Services Act (DSA) ist ein EU-Gesetz, das digitale Dienstleistungen regelt. Es verlangt von Unternehmen eine Risikobewertung, eine Beschreibung der Maßnahmen zur Risikominderung und eine Prüfung der Einhaltung durch Dritte. Der DSA ist Teil des EU-Ansatzes zur Regulierung digitaler Technologien, zusammen mit dem Digital Markets Act (DMA) und dem EU AI Act.

Das Gesetz ist ein umfangreicher (300 Seiten) und horizontaler (sektorübergreifender) Rechtsakt mit zusammengesetzten Regeln und rechtlichen Verpflichtungen für Technologieunternehmen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf sozialen Medien, nutzerorientierten Gemeinschaften und Online-Diensten mit einem werbefinanzierten Geschäftsmodell.

Europaweite Inhaltsmoderation durch Digital Services Act

Mit dem Digital Services Act wird eine neue europaweite Behörde geschaffen, die als zentrale Anlaufstelle für die Moderation von Inhalten gilt. Daher bekommt das neue Gesetz auch kritische Stimmen, da diese Macht missbraucht werden kann. Bei dem vorherigen NetzDG gab es ebenfalls Kritik, dass die großen Plattformen lieber zu viel sperren, anstatt eine Strafe zu riskieren, wenn illegale Inhalte nicht gesperrt wurden.

Der Digital Services Act hat als Lösung dafür vorgesehen, dass alle gesperrten Inhalte dokumentiert werden müssen. Die Plattformen müssen Beschwerden von Benutzern, deren Inhalte gesperrt wurden, detailliert beantworten können, warum der Inhalt entfernt wurde. Die Sperrung von Inhalten soll nicht vollautomatisiert sein, sodass ein Mensch die gesperrten Inhalte kontrolliert. Sollte es zu keiner Einigung im internen Beschwerdesystem der Plattform geben, sieht der DSA eine außergerichtliche Streitbeilegung vor. Für diese Aufgabe soll jeder Staat eine Stelle einrichten. In Deutschland ist die Bundesnetzagentur an die Einrichtung der Stelle beteiligt.

Kritiker sehen immer noch möglichen Machtmissbrauch, da z.B. eine politische Meinung bei einer Wahl unterdrückt werden kann und erst nachdem die Wahl bereits zu Ende ist, werden die Beschwerden bearbeitet. Wie die Unabhängigkeit der höchsten Instanzen gewährleistet werden soll, ist ebenfalls noch unklar, da diese Stellen noch nicht existieren.

 

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Plattformen müssen Straftaten melden

Der Digital Services Act sieht vor, dass die Plattformen Straftaten an die Behörden weiterleiten müssen. In Deutschland nimmt die Kriminalpolizei die Straftaten auf den Online-Plattformen entgegen. Bei Straftaten im Zusammenhang mit dem Urheberrecht sollen wie schon bei dem NetzDG sogenannte Netzsperren eingerichtet werden, um den Zugang zu den Seiten zu blockieren.

Das deutsche Digitale-Dienste-Gesetz sieht vor, dass die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) sich um den Jugendschutz kümmern soll. Darunter fällt zum Beispiel der Schutz von Minderjährigen zu bestimmten Inhalten. Dazu soll die Behörde unter anderem die Maßnahmen für den Jugendschutz auf Webseiten überprüfen.

Kritik an dem Digital Services Act

Die Bürgerrechtsbewegung European Digital Rights hat Kritik an dem Digital Services Act in einer öffentlichen Pressmeldung bekannt gemacht. Die Meinungsfreiheit sei in Gefahr und damit auch der gesamte Rechtsstaat.

Das DSA-DMA-Paket wird unter anderem die in der E-Commerce-Richtlinie aus dem Jahr 2000 enthaltenen Vorschriften überarbeiten, die sich darauf auswirken, wie Vermittler die Nutzeraktivitäten auf ihren Plattformen regulieren und beeinflussen, einschließlich der Fähigkeit der Menschen, ihre Rechte und Freiheiten online auszuüben. Aus diesem Grund kann die Reform dieser Vorschriften entweder eine große Bedrohung für die Grundrechte oder eine wesentliche Verbesserung der derzeitigen Situation im Internet darstellen. Sie ist auch eine Gelegenheit für die Europäische Union zu entscheiden, wie zentrale Aspekte des Internets in den kommenden zehn Jahren aussehen werden.

Grundsätzlich ist ein gewisses Maß an Kontrolle immer gut, aber was wie gefährlich könnte der Digital Services Act werden? Die Europäische Union definiert Begriffe wie Desinformationen oder Fehlinformationen, die auch in dem Digital Services Act benutzt werden. Wie hat die EU Desinformationen definiert?

Desinformation ist ein falscher oder irreführender Inhalt, der mit der Absicht verbreitet wird, wirtschaftlichen oder politischen Gewinn zu täuschen oder zu sichern, und die öffentlichen Schäden anrichten können. Fehlinformationen sind falsche oder irreführende Inhalte, die ohne schädliche Absicht geteilt werden, obwohl die Auswirkungen immer noch schädlich sein können.

Damit fällt zum Beispiel auch Kriegspropaganda mit Desinformationen unter den abzustrafenden Inhalten. Während dem Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine wurden sehr viele Inhalte zu dem Thema auf sozialen Medien geteilt. Es gab Videos aus „erster Hand“, die Soldaten ins Internet gestellt haben. Durch Standortdaten in Bildern oder Videos hat das Militär einige Ziele auf beiden Seiten identifiziert und ausgeschaltet. Soziale Medien haben eine wichtige Rolle gespielt. Es ist für Plattformen immer schwierig zu erkennen, ob es sich um eine Meinung, Fehlinformationen oder informativen Inhalt handelt. Sollten einige Inhalte nur in bestimmten Ländern gesperrt werden, steht die Frage im Raum, ob VPN Anbieter auf schwarzen Listen landen werden, wie es in China der Fall ist. Denn mit einem einfachen VPN wäre es immer noch möglich auf die gesperrten Inhalte zuzugreifen und der Multi-Millionen-Euro DSA-Apparat wäre im Prinzip nutzlos.

 

EU Digitalkommissar gibt Beispiele für Einsatz von Digital Services Act

Der EU Digitalkommissar Breton hat für diesen Informationskrieg ein eigenes Team eingerichtet, dass sofort eingreifen kann im Ernstfall. Es ist immer einfacher Videos zu fälschen mithilfe von KI, sodass es möglich ist, einen Angriff oder ein Attentat in den sozialen Medien zu verbreiten, der nie stattgefunden hat. Besonders Twitter und TikTok stellt Breton ein Verbot in Aussicht und kündigt sich selbst als Sheriff auf Twitter an.

„Wenn es hasserfüllte Inhalte gibt, Inhalte, die beispielsweise zum Aufstand oder zum Töten oder zum Anzünden von Autos aufrufen, sind die Plattformen verpflichtet, diese zu löschen. Wenn sie dies nicht tun, werden sie sofort sanktioniert.“

Dem französischen Geschäftsmann Thierry Breton ist dabei durch die vielen Aufstände in seiner Heimat Frankreich geprägt. Die Spezialteams des DSA sollen sofort handeln können, falls eine Plattform nicht rechtzeitig gegen Inhalte vorgeht. Die EU hat dafür Sonderrechte, um Inhalte direkt zu entfernen, da Unternehmen eine 24 Stunden Frist gesetzt wird. Im Ernstfall sollen die Inhalte aber schneller entfernt werden.

Plattformen wie Twitter oder TikTok könnten ab 25. August komplett blockiert werden. Dies ermöglicht der dann in Kraft tretende „Digital Services Act“, sagt EU-Digitalkommissar Thierry Breton. Das Verbreiten von schädlichen Inhalten während gesellschaftlicher Unruhen wie in Frankreich reiche zukünftig aus, um Social-Media-Plattformen zu sperren.

(TB)

 

Weitere Gesetze der EU:

Renaturierungsgesetz – Nature Restoration Law – EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur

Globale Mindeststeuer – OECD-Projekt – EU-Richtlinie über Mindestbesteuerung

Medienfreiheitsgesetz – neue Vorschriften und Unabhängigkeit der Medien in der gesamten EU