Vertragshilfe24 – Experte Sven Enger aus Hamburg (58) hätte nichts gegen Versicherungskonzerne, wenn die Kundengelder etwa wie bei einer Bank ausreichend über einen Einlagensicherungsfonds pro Kunde bis 5 Millionen Euro abgesichert wären. Sind sie aber nicht. Das Risiko müssen die Kunden bei Lebensversicherungen spürbar selbst tragen.

Ob das jedem Kunden bewusst war, als er eine kapitalbildende Lebensversicherung unterschrieb?

Während Bankkunden mit ihren Einlagen gleich doppelt geschützt werden (gesetzliche Einlagensicherung bis 100.000 Euro plus Einlagensicherungsfonds der Banken bis 5 Millionen Euro privat oder 50 Millionen Euro als Firma) verlieren die Versicherungskunden bei Schieflage gleich doppelt ihren Auszahlungsanspruch – durch Nachjustierung der Konzerne und durch Nachjustierung der Aufsicht BaFin.

Gleich zwei Paragraphen (Leistungskürzung nach § 163 VVG und Auszahlungsstopp nach § 314 VAG) in zwei Versicherungsgesetzen (Versicherungsvertragsgesetz und Versicherungsaufsichtsgesetz) wälzen eventuelle Notlagen der Konzerne ziemlich einseitig auf die Versicherten ab. Es gibt keinen ausreichenden Schutz von außen.

Protektor für Lebensversicherer zu schwach – nur 1 Promille der Rückstellungen der Mitglieder

Seit 2002 gibt es zwar die Protektor Lebensversicherungs-AG in Berlin, den Sicherungsfonds für die Lebensversicherer. Aber die Verordnung über die Finanzierung des Sicherungsfonds für die Lebensversicherer legt gleich im § 1 fest: „Der Umfang dieses Sicherungsvermögens soll 1 Promille der Summe der versicherungstechnischen Netto-Rückstellungen aller dem Sicherungsfonds angeschlossenen Versicherungsunternehmen betragen.“ Das sind 74 Lebensversicherungsgesellschaften oder Niederlassungen in Deutschland und 2 deutsche Pensionskassen.

Der Sicherungsfonds ist eine Auffanggesellschaft. Ein insolventer Versicherer soll im Notfall auf den Sicherungsfonds übertragen werden, der dann versucht, den Versicherer zu sanieren. Sein bilanzielles Nettovermögen beläuft sich Ende 2022 auf 1.212,6 Millionen Euro.

Das Berliner Verbraucherinformations-Portal Finanztip.de warnt: „Experten zufolge reicht das Vermögen des Sicherungsfonds, um einen mittelgroßen Lebensversicherer zu retten – nicht jedoch mehrere mittelständische Unternehmen gleichzeitig oder einen großen Versicherer. Wird ein Versicherer insolvent, und der Sicherungsfonds reicht nicht aus, um die Gläubiger und die Renten der Versicherten zu bezahlen, sind alle Mitglieder verpflichtet, gemeinsam Geld nachzuschießen, maximal in Höhe des aktuellen Vermögens. Anschließend greifen weitere Regelungen, um das insolvente Unternehmen aufzufangen. So müssen Kunden auf Anordnung der BaFin auf bis zu 5 Prozent ihrer Ansprüche verzichten. Zeitweise kann Protektor auch alle Zahlungen einfrieren.“

Auch die Lebensversicherungskunden dieser Lebensversicherungs-Auffanggesellschaft sind also nicht vor Restrektionen wie Leistungskürzungen oder Leistungsstopps geschützt.

Die Paragraphen 163 VVG und 314 VAG greifen parallel – nicht nur im Normalfall, sondern auch im Sicherungsfall, wie Versicherungswirtschaft-heute.de berichtete.

 

Versicherungs-Insider Sven Enger (58) aus Hamburg © Vertragshilfe24.de
Versicherungs-Insider Sven Enger (58) aus Hamburg © Vertragshilfe24.de

 

1. In der gesetzlichen Einlagensicherung, so das Bundesfinanzministerium, „besteht für jeden Bankkunden ein gesetzlicher Anspruch auf Entschädigung gegen das zuständige Einlagensicherungssystem. Auch nach Umsetzung der neuen Einlagensicherungsrichtlinie sind – wie bislang auch – grundsätzlich 100.000 Euro pro Einleger und pro Kreditinstitut geschützt. Neu ist, dass künftig der Schutz bei Sachverhalten, die für die Lebensführung des Einlegers von besonderer Bedeutung sind (z. B. für Einlagen, die aus dem Verkauf einer Privatimmobile resultieren oder aufgrund sozialrechtlicher Ansprüche ausgezahlt werden) auf bis zu 500.000 Euro erhöht werden kann; der Schutz besteht für einen Zeitraum von bis zu 6 Monaten nach Einzahlung.“

2. Der Einlagensicherungsfonds „innerhalb des Bundesverbandes deutscher Banken e.V. sichert Einleger auch über die gesetzliche Einlagensicherung hinaus: Privatpersonen bis zu einem Betrag von derzeit maximal fünf Millionen Euro und gesicherte Unternehmen bis maximal 50 Millionen Euro.“

Vertragshilfe24: Versicherungskunden sind dagegen doppelt ungeschützt

1. § 163 VVG

Sven Enger warnte jüngst auf Scoredex.com vor einem finanziellen Desaster, in das der Paragraph 163 VVG Versicherungsvertragsgesetz Menschen stürzen kann, falls sie eine Lebensversicherung besitzen.

Der § 163 VVG erlaubt es nämlich Versicherungs-Konzernen, nachträglich die monatlichen Prämien zu erhöhen oder nachträglich die Leistungen zu kürzen. Die Kunde haben nicht mal ein Mitspracherecht.

 

§ 163 VVG: Ex-Versicherungsvorstand warnt “Lebensversicherungskunden droht Auszahlungsstopp.“

 

Hier auf Business-Leaders.net nun macht Enger noch auf eine zweite Gefahr für die Kundengelder und Auszahlungsleistungen bei den Versicherungen aufmerksam.

2. § 314 Versicherungsaufsichtsgesetz

Nach § 314 VAG kann die BaFin, wenn sie es für nötig erachtet, die vereinbarten Versicherungsleistungen oder Rückkaufswerte zeitweilig verbieten, herabsetzen, und der Kunde muss die vereinbarten Monatsbeiträge dabei in der bisherigen Höhe weiterzahlen. Das wollten wir von Sven Enger ein bisschen genauer wissen.

Interview mit Sven Enger von Vertragshilfe24 zum § 314 VAG

Business-Leaders.net: Herr Enger, die BaFin kann unter bestimmten Voraussetzungen festlegen, dass die Rechte von Versicherungskunden eingeschränkt werden. Warum ist das so?

 

Sven Enger: „Die BaFin hat die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Finanzinstitute stabil bleiben, denn eine Insolvenz in der Lebensversicherungsbranche kann enorme Auswirkungen auf die gesamte deutsche Wirtschaft haben. Wenn man weiß, dass es in der Bundesrepublik noch mehr als 80 Millionen Lebensversicherungsverträge gibt und dass in diesen Verträgen mehr als eine Billion Euro investiert sind, werden die Dimensionen deutlich. Weder die Sicherungsgesellschaft der Branche, Protektor, noch die Politik können solche Summen auffangen. Deshalb überwacht die

BaFin die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Versicherungen und ist befugt, frühzeitig eingreifen, sollten sich Probleme abzeichnen.“

Keine Planungssicherheit für Lebensversicherungs-Kunden

Business-Leaders.net: Dass Lebensversicherungen die Beiträge aus diesem Grund erhöhen dürfen, ist mittlerweile durchaus bekannt. Doch wie sieht es mit den Auszahlungen aus? Sind diese sicher?

 

Sven Enger: „Laut Paragraph 314 VAG leider nicht. Sollte dieser Anwendung finden, weil die BaFin davonüberzeugt ist, dass andernfalls eine Insolvenz einer Versicherung droht, müssen die Kundinnen und Kunden auf ihre Auszahlungen verzichten. Besonders belastend für Betroffene dürfte dabei sein, dass man eine große Unsicherheit ertragen muss. Die Versicherten können schließlich kaum einschätzen, wie es um die Zukunftsperspektive des Unternehmens bestellt ist. Werden die Auszahlungen nur ausgesetzt, allerdings später geleistet, oder muss man sich damit abfinden, dass man gar kein Geld mehr aus dem Vertrag erhält? Diese Fragen werden sich dann zwangsläufig stellen. Und ich befürchte, dass die Kundinnen und Kunden lange auf eine belastbare Antwort warten müssten. Die erhoffte Planungssicherheit ist in jedem Fall dahin.“

Lebensversicherung: Kostenfaktor statt Kapitalerhöhung?

Business-Leaders.net: Wenn Kundinnen und Kunden davon betroffen sein sollten, wie verhält es sich dann mit den Beitragszahlungen? Ohne Leistung keine Gegenleistung, oder?

 

Sven Enger: „Das sollte man annehmen. Und es klingt natürlich fair, doch Fairness dürfen die Betroffenen leider nicht erwarten. Die Beiträge müssen Versicherte unter Umständen weiterhin zahlen, ohne zu wissen, ob sie dafür überhaupt jemals etwas erhalten. Das ist besonders bitter, wenn man bedenkt, dass die Lebensversicherung eine Art finanzieller Airbag sein sollte. Stattdessen hätte die Police im Fall der Fälle über Jahre hinweg Beiträge gekostet und würde zu einer zusätzlichen laufenden finanziellen Belastung werden. Die Kundinnen und Kunden müssten nicht nur auf wichtige Einnahmen, die oft fest eingeplant wurden, verzichten. Wenn also beispielsweise geplant war, dass die Lebensversicherung das verfügbare Kapital im Alter erhöht, wird sie stattdessen zu einem weiteren Kostenfaktor.“

Bei Kündigung oder Verkauf verliert man wertvolle Ansprüche

Business-Leaders.net: Für Verbraucherinnen und Verbraucher kann das demnach im schlimmsten Fall existenzbedrohend sein. Wie kann man sich absichern, wenn man jetzt noch eine Lebensversicherung besitzt?

 

Sven Enger: „Das ist leider eine realistische Konsequenz, wenn man den Vertrag einfach behält. In der Praxis ist es so, dass viele Kundinnen und Kunden dieses Risiko verständlicherweise nicht mehr eingehen möchten, sobald sie die potenziellen Folgen kennen. Doch auch wenn man sich mit einem möglichen hohen Verlust konfrontiert sieht, ist es wichtig, dass man die richtige Entscheidung für sich persönlich trifft.

Eine Kündigung oder ein Verkauf des Vertrages führt beispielsweise dazu, dass man wertvolle Ansprüche gegenüber den Versicherungen aufgibt. Daher rate ich dazu, dass man eine Abwicklung der Lebensversicherung prüfen lässt. Auch durch sie entgeht man einem Auszahlungsstopp, erhält unter Umständen allerdings weitaus mehr Geld als den aktuellen Rückkaufswert.“

 

Business-Leaders.net: Herr Enger, wir danken für das Interview.

Weitere Informationen zum § 314 VAG und seinen Auswirkungen auf Versicherte finden Sie in diesem Videobeitrag von Sven Enger in Zusammenarbeit mit dem Verbraucherportal Vertragshilfe24.de.

 

Der Versicherungs-Insider Sven Enger aus Hamburg und die Vertriebsexpertin Liane Kirchenstein aus Baar in der Schweiz arbeiten bei Vertragshilfe24 zusammen © Vertragshilfe24.de
Der Versicherungs-Insider Sven Enger aus Hamburg und die Vertriebsexpertin Liane Kirchenstein aus Baar in der Schweiz arbeiten bei Vertragshilfe24 zusammen © Vertragshilfe24.de

 

Sven Enger und Liane Kirchenstein – Rückabwicklung prüfen

Weil die Versicherungsleistungen nicht sicher sind, hat sich der einstige Vorstand der der Skandia Lebensversicherung AG in Berlin und einstige Geschäftsführer des schottischen Lebensversicherers Standard Live in Edinburgh Sven Enger dem Team von Liane Kirchenstein (58) angeschlossen. Die Berliner Unternehmerin lebt in der Schweiz und betreibt seit November 2020 mit ihrer Konzeptional GmbH aus Baar das Verbraucherportal Vertragshilfe24.de.

Liane Kirchenstein und ihr Team haben ein zweistufiges Ausstiegsverfahren aus einer unrentablen Lebensversicherung entwickelt, bei dem der Kunde ein Vielfaches aus dem Rückkaufswert herausbekommen kann, wie sie im Interview hier auf Business-Leaders.net erläuterte.

Die Wirtschaftsauskunft Scoredex.com hat das Betreiber-Unternehmen Mitte Dezember 2023 neu eingewertet. Es hat Transparenz und Seriosität unter Beweis gestellt. Das Dossier finden Sie hier zum Herunterladen.

Außerdem stellte Liane Kirchenstein auf Scoredex.com klar, warum man getrost auf 10 Versicherungen verzichten kann. (FM)