Das Zukunftsfinanzierungsgesetz soll den Standort Deutschland wieder stärken, nachdem in den letzten Jahren viele politische Maßnahmen zur Abwanderung der Industrie und von Fachkräften geführt hat. Am 16.08.2023 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf für das Zukunftsfinanzierungsgesetz beschlossen, das neue Gesetze und Steuervorteile für Start-Ups und IPOs im Gesellschaftsrecht, Kapitalmarktrecht und Steuerrecht verankert.

Inhaltsverzeichnis:

Ab wann gilt das Zukunftsfinanzierungsgesetz?

Das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) ist bereits länger in den Medien bekannt. Am 16.08.2023 hat das Bundeskabinett dem Regierungsentwurf zugestimmt, sodass das Zukunftsfinanzierungsgesetz jetzt dem Bundestag vorgelegt werden kann. Das ist aber erst am 10. Dezember 2023 geplant und die Abstimmung über den Entwurf ist für den 15. Dezember 2023 geplant.

Datum

Phase des Gesetzentwurfs

Koalitionsvertrag 2021

Ankündigung für Unterstützung von Start-Ups

17. Juli 2023

BMF Referentenentwurf

16. August 2023

Kabinettsbeschluss Regierungsentwurf

10. November 2023

Verabschiedung Bundestag (geplant)

15. Dezember 2023

Zustimmung Bundesrat (geplant)

01.01.2024

Gesetz tritt in Kraft (geplant)

Die wichtigsten Punkte von dem Zukunftsfinanzierungsgesetz in Kürze

Der Regierungsentwurf ist ein wichtiger Schritt, da nun ein vollständiger Entwurf für das Zukunftsfinanzierungsgesetz vom Bundeskabinett verabschiedet wurde und die Verabschiedung im Bundestag meistens nur kleine Änderungen fordert. Ergänzungen im aktuellen Regierungsentwurf gegenüber dem vorherigen Referentenentwurf werden gesondert aufgezählt.

Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz werden Börsengänge (IPOs) erleichtert, Beteiligungen von Mitarbeitern erleichtert und neue Arten von Aktien eingeführt. So kommt die 2003 verbotene Mehrstimmrechtsaktie zurück und eine neue elektronische Aktie (E-Aktie), die nur noch digital existiert und nicht mehr physisch, als Papier. Steuererleichterungen sowohl für die Unternehmen als auch für die Arbeitnehmer werden eingeführt, sodass neue Unternehmen in den ersten Jahren mehr Vorteile im Standort Deutschland haben.

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Hier die wichtigsten Punkte von dem Zukunftsfinanzierungsgesetz:

Mitarbeiterkapitalbeteiligungen durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz

Das Zukunftsfinanzierungsgesetz bringt eine Reihe von Änderungen für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen durch kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

Mitarbeiterkapitalbeteiligungen: steuerlicher Freibetrag – kein Ersatz für Gehalt

Mitarbeiterkapitalbeteiligungen sollen vergrößert werden, indem der jährliche steuerliche Freibetrag (§ 3 Nr. 39 Satz 1 EStG) von 1.440 Euro auf 5.000 Euro erhöht werden soll.

Ergänzung im Regierungsentwurf: Mitarbeiterkapitalbeteiligungen bis 2.000 Euro dürfen vom Unternehmen durch Entgeltumwandlung finanziert werden. Zusätzlich gilt der steuerliche Vorteil nur noch, wenn die Vermögensbeteiligung als zusätzlicher Lohn ausgezahlt wird. Das bedeutet, die Mitarbeiterkapitalbeteiligungen gilt nicht als steuerlicher Vorteil für den Arbeitnehmer, wenn die Beteiligung als Ersatz für den Lohn ausgezahlt wird.

Haltefrist für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen – keine Kapitalertragsteuer

Das Einkommensteuergesetz wird erweitert um § 20 Abs. 4b EStG, damit der Arbeitnehmer die Unternehmensbeteiligung in den ersten 3 Jahren nach Erhalt steuerfrei verkaufen oder übertragen darf. Normalerweise würden Gewinne aus Unternehmensbeteiligungen genauso wie Aktien behandelt werden und eine Abgeltungsteuer in Höhe von 25 % fällt über dem Freibetrag an. Mit dem geplanten Zusatz fallen die Abgaben weg, auch für größere Unternehmensbeteiligungen über 1 Prozent.

Mitarbeiterkapitalbeteiligung durch übergeordnete Gesellschaft

Ergänzung von § 19a Abs. 1 Satz 1 EStG, damit auch eine Unternehmensbeteiligung durch eine übergeordnete Gesellschaft des Arbeitgebers als steuerlicher Freibetrag, wie oben erklärt, gültig ist.

Zukunftsfinanzierungsgesetz verdoppelt KMU-Schwellenwert

Die Mitarbeiterkapitalbeteiligung gelten durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz für Unternehmen mit dem doppelten KMU-Schwellenwert, normalerweise weniger als 250 Mitarbeiter, Jahresumsatz höchstens 50 Millionen Euro, Jahresbilanzsumme höchstens 43 Mio. Euro (§ 19a EStG Abs. 3 EStG). Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz auf weniger als 500 Mitarbeiter, Jahresumsatz höchstens 100 Mio. Euro, Jahresbilanzsumme höchstens 86 Mio. Euro.

Zukunftsfinanzierungsgesetz ändert zeitlichen Rahmen für KMU Unternehmen

Der zeitliche Rahmen für den Beteiligungszeitpunkt und die Definition als KMU Unternehmen wird von zwei auf sieben Jahre erhöht. Der Gründungszeitraum in § 19a EStG Abs. 3 EStG wird von 12 auf 20 Jahre erhöht, sodass auch ältere Unternehmen vom Zukunftsfinanzierungsgesetz profitieren können. Dies soll auch für Unternehmensbeteiligungen aus der Vergangenheit gelten, also bevor dem Zeitpunkt, ab dem das Zukunftsfinanzierungsgesetz gültig ist.

Mitarbeiterkapitalbeteiligung bei Kündigung

Bei Rückerwerb der Anteile, wenn der Mitarbeiter das Unternehmen verlässt, sollen nur die tatsächlichen gezahlten Vergütungen entscheidend sein, unabhängig vom tatsächlichen Wert der Unternehmensanteile.

Pauschalbesteuerung von 25 % kann Steuerklasse bei Mitarbeiterkapitalbeteiligung ersetzen

Behält man die Unternehmensanteile länger als 3 Jahre, fällt nach geltender Rechtslage eine nachzuholende Besteuerung an, anhand der individuellen Lohnsteuerklasse. Um eine übermäßige Besteuerung durch Unternehmensanteile zu verhindern, wird eine wahlweise, pauschale Lohnsteuer von 25 % durch den Arbeitgeber eingeführt. Dieser muss ausdrücklich zustimmen, die Haftung für spätere Lohnsteuern zu übernehmen. Da der Arbeitnehmer sogenanntes „dry-income“ erhält, müsste er Steuern auf die Unternehmensanteile zahlen, ohne dieses Geld tatsächlich zu besitzen. Durch die pauschale Lohnsteuer von 25 % auf die Unternehmensanteile entfällt die spätere, aufgeschobene Besteuerung.

Mitarbeiterkapitalbeteiligung: Aufgeschobene Besteuerung

Die Besteuerung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung erfolgt nach aktueller Rechtslage spätestens zwölf Jahre nach dem Erhalt. Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz müssen die Steuern spätestens nach 20 Jahren bezahlt werden. Auch hier gilt der neue Zeitraum für Unternehmensbeteiligungen aus der Vergangenheit.

Gesetzesentwurf entfernt Arbeitnehmer-Sparzulage

Im vorherigen Referentenentwurf war eine Ausweitung der Arbeitnehmer-Sparzulage geplant, indem § 13 Abs 1 Satz 1 des 5. VermBG neu verfasst werden sollte. Dieser Vorschlag wurde im Gesetzentwurf wieder entfernt.

Zukunftsfinanzierungsgesetz bringt Umsatzsteuerbefreiung für Unternehmen

Das Zukunftsfinanzierungsgesetz sieht eine Reihe von Änderungen und Steuererleichterungen für die Umsatzsteuer vor.

Umsatzsteuerbefreiung für Verwaltung von alternativen Investmentfonds (AIF)

In dem Zukunftsfinanzierungsgesetz ist eine Änderung von § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG vorgesehen, um die Rechtslage an andere EU-Staaten wie Luxemburg anzupassen. Die Verwaltungsleistungen von alternativen Investmentfonds (AIF) werden von der Umsatzsteuer befreit. Zu AIFs gehören z.B. Immobilienfonds, Private Equity und Rohstofffonds.

Umsatzsteuerbefreiung für Verwaltung von bestimmten Krediten

Mit weiteren Änderungen in § 4 Nr. 8 Buchst. a und g UStG soll die Verwaltung von Konsortialkredite und deren Sicherheiten von der Umsatzsteuer befreit werden. Konsortialkredite werden durch 2 oder mehr Banken gewährt. Kosten für eine externe Firma, die nicht mit dem Kredit in Verbindung steht, sind nicht von der Umsatzsteuer befreit.

Zukunftsfinanzierungsgesetz erlaubt offenen Immobilienfonds in erneuerbare Energie zu investieren
Zukunftsfinanzierungsgesetz erlaubt offenen Immobilienfonds in erneuerbare Energie zu investieren

Erleichterung für offene Immobilienfonds durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz

Offenen Immobilienfonds soll es durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz ermöglicht werden, Grundstücke zu erwerben, auf denen Anlagen zur Versorgung stehen. Dazu zählt die Erzeugung, der Transport und die Speicherung von Strom, Gas und Wärme aus erneuerbaren Energien. Der offenen Immobilienfonds darf diese Anlagen auch selber betreiben.

Zukunftsfinanzierungsgesetz fördert englische Sprache der BaFin

Um den deutschen Kapitalmarkt zu modernisieren und interessanter für ausländische Unternehmen zu gestalten, sieht das Zukunftsfinanzierungsgesetz verbesserte Bedingungen der BaFin vor, um in englischer Sprache zu kommunizieren. Insbesondere Formulare sollen in englisch und deutsch angeboten werden und das digitale Angebot überarbeitet werden.

Zukunftsfinanzierungsgesetz unterstützt IPOs

Der Bundesfinanzminister Christian Lindner möchte mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz Start-Ups unterstützen, den Weg an die Börse mit einem IPO zu finden. Der Standort Deutschland gilt schon länger nicht mehr als sonderlich attraktiv für Start-Ups. Für mehr IPOs „Made in Germany“ setzt sich auch der Wachstums-Enabler Neon Equity AG von dem Gründer Thomas Olek ein. Nach langjähriger Erfahrung unterstützt Olek jetzt andere Unternehmen auf ihrem Weg zur Börse und stärkt so den Standort Deutschland. Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz sollen nun ein paar bürokratische Hürden genommen werden und das Kapitalrecht angepasst werden.

Zukunftsfinanzierungsgesetz erleichter Zugang zum Kapitalmarkt – Börsenzulassung

Um eine Börsenzulassung zu erhalten, sind nach aktueller Gesetzeslage ein Mindestkapital von 1,25 Mio. Euro notwendig. Das Zukunftsfinanzierungsgesetz reduziert diesen Betrag auf 1 Mio. Euro, mit Wirkung zum 01.01.2024, sollte das Gesetz von allen Instanzen bewilligt werden.

Zusätzlich wird die Pflicht für den Emissionsbegleiter als Mitantragsteller für die Börsenzulassung entfallen.

Zukunftsfinanzierungsgesetz bringt Mehrstimmrechtsaktien zurück

Seit etwa 20 Jahren gab es keine Mehrstimmrechtsaktien (engl. dual class shares) in Deutschland. Das Zukunftsfinanzierungsgesetz wird die Mehrstimmrechtsaktien wieder einführen, damit Start-Ups mehr Einfluss und Kontrolle über die Ausrichtung ihres Unternehmens behalten können und gleichzeitig mehr Kapital an der Börse einzusammeln.

Bisher war eine GmbH notwendig, damit ein Unternehmen einen Großteil seiner eignen Aktien verkaufen konnte und gleichzeitig Entscheidungen treffen konnte notwendig, da in 2003 wurden die Mehrstimmrechtsaktien aus Deutschland verbannt wurden. Durch die Mehrstimmrechtsaktien werden Start-Ups unterstützt, ohne große Umwege an Eigenkapital zu gelangen. Mehrstimmrechte können bei Gründung oder durch Satzungsänderung auch später geschaffen werden.

Die Mehrstimmrechtsaktien sollen auf maximal das Zehnfache einer Einzelaktie beschränkt sein. Die Stimmrechte der Mehrstimmrechtsaktien sind auf maximal 10 Jahre beschränkt, mit Option auf weitere 10 Jahre durch Abstimmung in der Hauptversammlung. Dadurch soll die Anfangszeit der Start-Ups unterstützt werden.

Zukunftsfinanzierungsgesetz führt Blockchain für Kryptoaktien ein
Zukunftsfinanzierungsgesetz führt Blockchain für Kryptoaktien ein

Zukunftsfinanzierungsgesetz führt elektronische Aktie mit Blockchaintechnologie ein – Kryptoaktien

Die elektronische Aktie (E-Aktie) ist kein neues Anlageprodukt. Es handelt sich lediglich um eine rein digitale Version der Unternehmensbeteiligung, sodass weniger Bürokratie mit einem Börsengang verbunden ist. Der Emittent darf sich aussuchen, ob sie anstelle einer Wertpapierurkunde eine Eintragung in ein elektronisches Wertpapierregister wollen. Dafür passt das Zukunftsfinanzierungsgesetz das Wertpapiergesetz (eWpG) an. Eine Umwandlung von bestehenden Aktien in E-Aktien ist möglich, nach Zustimmung der berechtigten Person.

Die E-Aktien werden auf einer Blockchain gespeichert, genauso wie bei Bitcoin, Ethereum und anderen Kryptowährungen. Daher werden die neuen Aktien auch als Kryptoaktien bezeichnet. Die elektronischen Aktien müssen nicht unterschrieben werden und sparen gerade bei kleinen Unternehmen einen großen Teil der Kosten ein. Bei Namensaktien mit Stimmrecht ist nach einem Eintrag in das Kryptowertpapierregister (Blockchain) auch eine zusätzliche Meldung beim Bundesanzeiger notwendig.

Kryptoaktien müssen vor Insolvenz geschützt sein

Die Anbieter der Kryptowertpapierregister und Betreiber der Blockchain müssen die Kryptoaktien getrennt von allen eigenen Assets halten, damit im Insolvenzfall das Kryptowertpapierregister nicht eingeschränkt wird. Die Regelung soll im Kreditwesengesetz (KWG) verankert werden. Das bedeutet, dass bei einer Insolvenz alle Geräte und digitale Assets gepfändet werden, außer die Infrastruktur des Kryptowertpapierregisters selbst. Die Besitzer von E-Aktien sollten dadurch in keinster Weise eingeschränkt werden.

Da alles digital läuft, müssen die Server immer erreichbar sein, um die E-Aktien an neue Besitzer zu übertragen. Daher muss diese Infrastruktur besonders geschützt sein, da diese nicht staatlich betrieben wird.

(TB)

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