Viele Neobroker nutzen das sogenannte Payment for Order Flow (PfOF), um die wahnsinnig niedrigen Ordergebühren von 1 € pro Trade oder weniger und kostenlosen Sparpläne zu realisieren. Die Europäische Union will die PfOF Verträge von den Neobrokern mit den Mittelsmännern zu den Börsen unterbinden, um die Anleger zu schützen und einen besseren Wettbewerb zu schaffen. Viele sind jedoch der Meinung, dass Kleinanleger mehr Nachteile dadurch haben werden.

EU kämpft gegen niedrige Ordergebühren mit PfOF Verbot
EU kämpft gegen niedrige Ordergebühren mit PfOF Verbot

Europäische Union beschließt Ordergebühren für Neobroker

Die Europäische Kommission hat über einen Beschluss für die europäische Finanzmarktverordnung abgestimmt. Das EU-Parlament muss dem Vorschlag der EU-Kommission noch zustimmen, bevor dieser gültig ist. Dies gilt jedoch lediglich als Formsache. Deutschland müsste den Beschluss bis zum 30. Juni 2026 umsetzten.

Mit dem neuen Gesetz fallen die Flatrate Modelle und günstigen Ordergebühren der Neobroker vollständig weg. Betroffen ist das sogenannte Payment for Order Flow (PfOF) Modell. Wird das Gesetz in der jetzigen Form umgesetzt, müssen die Neobroker ihr Geschäftsmodell überarbeiten und die Aktien und Finanzprodukte wie jeder andere Broker an den großen Börsen einkaufen. Dadurch würden viel höhere Ordergebühren bei jedem Trade anfallen.

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Erklärung von Payment for Order Flow – PfOF

Das „Payment for Order FlowModell für Ordergebühren der Neobroker bedeutet auf Deutsch Bezahlung für Auftragsfluss. Dabei bekommen die Broker und Trading-Plattformen Geld dafür, dass sie Kunden mit Aufträgen an spezialisierte Handelsfirmen weiterleiten. Die Neobroker wie Scalable Capital und Trade Republic bekommen also Geld dafür, die Aufträge weiterzuleiten. Die Aufträge, eine Aktie oder anderes Finanzprodukt zu kaufen oder verkaufen, gehen an eine Gegenpartei (Trading-Firmen) gesendet, die diese Aufträge erfüllt.

Diese Trading-Firmen kaufen die Aktien dann im großen Stil oder schieben die Aktien zwischen den verschiedenen Aufträgen hin und her, um Gebühren zu sparen und Gewinne aus den Spreads zu machen. Die Aktien und Finanzprodukte wie ETFs werden daher nicht zum bestmöglichen Preis direkt an der Börse gekauft, wie bei normalen Brokern und Depots von klassischen Banken.

Streitpunkte der EU am PfOF Modell für Ordergebühren

Da der Neobroker Geld für die Aufträge erhält, besteht ein Interessenskonflikt zwischen einer guten Kommission für den Neobroker und guten Preisen für die Kunden des Neobrokers. Aus Sicht des Brokers ist es attraktiver, Geschäfte mit einem Großhändler zu machen, der eine hohe Kommission für die Aufträge zahlt. Die höhere Kommission ergibt sich in der Regel aus höheren Preisen für die Aktien, sodass die Kunden am Ende mehr zahlen.

Die Liquidität ist nicht gesichert, wenn die Neobroker von einzelnen Großhändlern abhängen und keinen Zugang zu dem öffentlichen Markt anbieten.

Aus Sicht der EU entfällt der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Marktplätzen und Anbietern. Zusätzlich weiß der Anleger nicht, ob der beste Preis bei einem Auftrag erzielt wird.

PfOF am Beispiel erklärt

Das PfOF Modell noch einmal an einem Beispiel erklärt.

Klassisches Trading: Man erteilt in seinem Depot den Auftrag, 100 Aktien zu kaufen. Der Broker leitet den Auftrag an eine Börse, z.B. Frankfurter Börse, weiter, um die besten 100 verfügbaren Aktien an der Frankfurter Börse zu kaufen. Der Broker berechnet für den Service eine Ordergebühr von 5 bis 10 €. Kauft man die Aktien zu je 10 € ein, bezahlt man insgesamt 1.010 € inklusive Gebühren.

PfOF Trading: Man erteilt dem Neobroker den gleichen Auftrag, 100 Aktien zu kaufen. Der Neobroker leitet den Auftrag an einen Aktiengroßhändler (Market-Maker) weiter, um 100 Aktien zu kaufen. Der Aktiengroßhändler verlangt 10,05 € pro Aktie und keine Ordergebühren, sodass man insgesamt 1.005 € bezahlt.

Scalable Capital Mitgründer: „Erfolgreiche Lobbyarbeitfür Ordergebühren

Erik Podzuweit ist Mitgründer und Co-CEO des Neobrokers Scalable Capital. Er ist mit dem neuen Beschluss der EU unzufrieden: „Dieses Verbot ist ein Wettbewerb-Verhinderungsgesetz“. Seine Vermutung ist erfolgreiche Lobbyarbeit der großen Börsen („Deutsche Börse“, Xetra) in der EU. Im Interview mit der BILD-Zeitung beklagt er die Entscheidung der EU: „Offenbar will man den Aktienhandel bewusst verteuern. Das ist wie eine Zigarettensteuer auf Aktien“.

Der „Stiftung Warentest“-Redakteur Roland Aulitzky hat sich ebenfalls gegenüber BILD geäußert: „Es gibt keine Belege dafür, dass Anleger bei Neobrokern durch Exklusivverträge höhere Preise zahlen als an anderen Handelsplätzen“. Er hält das neue Gesetz für einen großen Nachteil für Verbraucher. Die Belege für höhere Preise gibt es, aber sobald man die Ordergebühren mit einbezieht, ist das PfOF Modell in der Regel günstiger.

Der Neobroker Gründer bestätigt den Interessenkonflikt zwar, doch bisher haben Kleinanleger von dem Modell profitiert. „Auf dem Papier gibt es dieses Problem, doch die Realität würde anders aussehen“. Die deutsche BaFin hat in einer eigenen Untersuchung das PfOF Modell untersucht und hält ein Verbot für überzogen. Das Modell bringt viele Vorteile für Kleinanleger.

Ordergebühren bei Neobrokern günstiger

Besonders bei kleinen Aufträgen sind die marginal höheren Preise zu vernachlässigen. Die meisten Privatanleger profitieren von den kostenlosen Sparplänen und niedrigen Ordergebühren auf den Plattformen der Neobroker. Viele Privatanleger und junge Leute können mit den minimalen Ordergebühren erste echte Erfahrungen an der Börse sammeln.

Bereits im Jahr 2022 hat Scalable Capital eine Studie durchgeführt und die Ordergebühren für Kleinanleger zu vergleichen. Es wurden die 150 meistgehandelten Finanzinstrumente (86 Einzelaktien und 64 ETFs) über 6 Monate verglichen. Aus 3,7 Millionen Datenpunkten von der Frankfurter Börse und Xetra und den spezialisierten Börsen Tradegate und Gettex. Es wurden Ordervolumen zwischen 500 und 5.000 Euro untersucht, um die Auswirkungen für kleine Privatanleger zu untersuchen.

Insgesamt kommt Scalable Capital zu dem Schluss, dass die Ordergebühren durch das PfOF Modell für Kleinanleger deutlich günstiger ist. Aktien für 5.000 Euro von Volkswagen würden für Privatanleger 1,71 € mehr kosten, als an den regulären Börsen. An den regulären Börsen würde die Ordergebühr jedoch 5,99 € oder mehr betragen. Mit dem kostengünstigen Modell für Ordergebühren können Privatanleger erste Erfahrungen mit der Daytrading Strategie und weiteren Anlagemöglichkeiten sammeln.

(TB)