Finanzen
El Salvador ist das erste Land, das Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel zulässt. Einkäufe können ab Dienstag mit der digitalen Währung bezahlt werden. Die Regierung lockt die Menschen mit einem Startguthaben. Der zentralamerikanische Staat El Salvador ist das erste Land der Welt, das die digitale Währung Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel zulässt. Ein entsprechendes Gesetz wurde vor drei Monaten verabschiedet und tritt nun am Dienstag in Kraft. Es sieht vor, dass jeder Händler Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptieren muss, der technisch dazu in der Lage ist. Auch Steuern können in der Kryptowährung gezahlt werden.
El Salvador ist der erste Staat mit Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel
Dem Gesetzestext zufolge ist es für das Wirtschaftswachstum des Landes notwendig, den Umlauf einer digitalen Währung zuzulassen, deren Wert ausschließlich von marktbasierten Kriterien abhängt. Das Gesetz wurde auf Vorschlag von Präsident Nayib Bukele verabschiedet. Die Einführung der digitalen Währung ist bei den Bürgern nicht gut angekommen. Es kam sogar zu Straßenprotesten. Laut einer landesweiten Umfrage der Universidad Centroamericana (UCA) vom August, bei der fast 1.300 Teilnehmer befragt wurden, lehnen fast 70 Prozent der Salvadorianer das Bitcoin-Gesetz ab. Ungefähr die gleiche Anzahl hatte laut der Umfrage eine ungenaue Vorstellung von Bitcoin, wobei nur 4,8 Prozent es korrekt als Kryptowährung definierten. Um die Bürger zu locken, gewährt der Staat ihnen ein Startguthaben im Wert von 30 Dollar, sofern sie die digitale Geldbörse „Chivo“ herunterladen. Das entspricht etwa 25 Euro. Außerdem soll es 200 „Chivo“-Automaten geben. Auf den Umtausch von Bitcoin soll keine Kapitalertragssteuer erhoben werden.
Der Wechselkurs zum US-Dollar, der in El Salvador als offizielles Zahlungsmittel anstelle einer Landeswährung verwendet wird, wird vom Markt bestimmt. Der US-Dollar wird in El Salvador seit 2001 als Zahlungsmittel verwendet. Damit ist das Land von der Geldpolitik der US-Notenbank abhängig. Darüber hinaus haben etwa 70 Prozent der rund sechs Millionen Einwohner El Salvadors keinen Zugang zu traditionellen Finanzdienstleistungen. Viele sind auf Geldüberweisungen von ihren Verwandten in den Vereinigten Staaten angewiesen. Etwa zwei Millionen El Salvadorianer arbeiten im Ausland. Ihre Überweisungen machen laut BBC etwa 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus.
Bitcoin als Mittel zur Macht?
Bitcoin ist die bekannteste digitale Währung. Sie wird nicht von einer Zentralbank kontrolliert, sondern durch einen dezentralen und enorm energieintensiven Computerprozess erzeugt. Die Kryptowährung gilt als Spekulationsobjekt und ist heftigen Kursschwankungen unterworfen. Derzeit liegt der Preis für einen Bitcoin bei knapp 52.000 Dollar. Mitte Juli lag der Preis noch bei rund 30.000 Dollar. Kritiker halten ihn deshalb für ein ungeeignetes Zahlungsmittel. Neil Wilson, Chef-Marktanalyst bei Markets.com, wertet den Schritt als Versuch eines autokratischen Regimes, Aufmerksamkeit zu erregen. Seiner Meinung nach sind die Ärmsten des Landes die letzten, die von der Einführung von Bitcoin profitieren.
Präsident Bukele wird neben der systematischen Missachtung der Gewaltenteilung und der Einflussnahme auf die Justiz auch eine Nähe zum Militär vorgeworfen. Unter anderem ließ er im Februar 2020 Soldaten auf das Parlament marschieren. Nach derzeitigem Stand steht Bukele eine weitere Amtszeit bevor. Den Weg dafür hat die Justiz in El Salvador nun geebnet, trotz der Kritik von Menschenrechtlern. Die Wahlbehörde des zentralamerikanischen Landes gab am Wochenende bekannt, dass sie einer umstrittenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs folgen werde. Der Oberste Gerichtshof hatte entschieden, dass die bisher übliche Zwangspause von zehn Jahren zwischen zwei Amtszeiten nicht mehr notwendig sei.
(FW)
Der Start des Großversuchs geriet zum Desaster. Für erfahrene Krypto-Investoren kam der Kurssturz nicht unerwartet. In El Salvador kam es Berichten zufolge zu Protesten gegen das neue Zahlungsmittel. Bukele selbst zeigt sich unterdessen unbeirrt. Er nutzte den jüngsten Kurssturz sogar zum Nachkaufen, erwarb weitere 150 Bitcoins im Wert von fast sieben Millionen US-Dollar – und kassierte dafür herbe Kritik von der Weltbank und dem Internationalem Währungsfonds. Die beiden wichtigsten Geldgeber des hochverschuldeten Landes hatten bereits vor dem Bitcoin-Debakel klargestellt, die Krypto-Ambitionen des salvadorianischen Präsidenten in keiner Weise zu unterstützen.
Und schon steht das nächste Land in den Startlöchern. Während in Deutschland die nächste Kryptoverordnung noch zur Diskussion steht, mahlen die Mühlen in der Ukraine etwas schneller. Jüngsten Medienberichten zufolge verabschiedete das ukrainische Parlament ein Gesetz zur Legalisierung und Regulierung von Kryptowährungen, das Gesetz Nr. 3637. Als letztes Hindernis vor dem Inkrafttreten dessen steht jetzt nur noch die Unterschrift des Präsidenten aus. Dabei dürfte es sich jedoch auch um eine relativ sichere Signatur handeln, da Wolodymyr Selenskyj als Befürworter gilt.