News
Die deutsche Regierung bereitet unter Finanzminister Lindner ein neues Gesetz im Kampf gegen Geldwäsche vor. Der Fokus liegt auf eine neue Zentralbehörde und ein Verbot von Bargeldtransaktionen auf dem Immobilienmarkt, um Geldwäsche und andere Finanzverbrechen zu bekämpfen. Das Geld stammt häufig aus kriminellen Organisationen aus ganz Europa oder sogar der ganzen Welt.
Deutschland ist international für Geldwäsche bekannt
In regelmäßigen Analysen stellte Transparency International fest, dass Deutschland ein „massives Problem“ mit Geldwäsche auf dem Immobilienmarkt hat – dem häufigsten Markt für die Mafia, um in Deutschland Geld zu waschen. Das Thema Geldwäsche ist schon länger bekannt und in letzter Zeit immer häufiger im Fokus, jedoch selten durch positive Nachichten. „Sie können hier rechtssicher Geld waschen“, sagte Sebastian Fiedler vom Bund Deutscher Kriminalbeamter. Es wird geschätzt, dass im Jahr 2014 mehr als 100 Milliarden Euro in Deutschland von verschiedenen kriminellen Gruppen und Einzelpersonen gewaschen wurden. Für das Jahr 2017 gehen die Schätzungen von 30 Milliarden Euro aus. Der gesamte Schaden und dadurch auch fehlende Steuereinnahmen dürfte sich über die Jahre auf Billionen aufsummieren.
Die Liste der bekannten internationalen Clans in Deutschland ist lang und reicht von Tschetschenien über Libanon, Arabien und Italien nach Marokko. Die Clans wachsen immer weiter, allein der Miri-Clan soll bereits 8000 Familienangehörige in Deutschland haben. Die italienische Regierung griff in den 80ern hart gegen die Mafia durch, sodass viele Teile der kriminellen Geschäfte ins Ausland verlagert wurden. Transparency International gab 2018 an, dass 300 Restaurants in Deutschland zu den Geldwäschesystemen der italienischen Mafia gehören. Die Lage, die wirtschaftliche Situation und die laxen Gesetze in Deutschland haben dazu geführt, dass das Land zu einer Drehscheibe für internationale Mafiagruppen geworden ist.
Finanzminister Lindner will neue Behörde
Finanzminister Lindner setzt große Erwartungen in die geplante Anti-Geldwäsche-Behörde. Sie soll schnell ihre Arbeit aufnehmen und bald Ergebnisse liefern. Alles soll effizienter werden, so Lindner. Deutschland sei nach Ansicht einiger Beobachter ein „Paradies für Geldwäsche […] Damit können wir nicht zufrieden sein.“ Finanzkriminalität sei „kein Kavaliersdelikt„. Die bisherige „sehr komplexe und zersplitterte Behördenstruktur“ behindere die effektive Bekämpfung solcher Machenschaften, sagte Lindner. Die zuständige Behörde, Financial Intelligence Unit (FIU), ist so stark unterbesetzt, dass die Staatsanwaltschaft Osnabrück ein Ermittlungsverfahren wegen Verdacht auf Strafvereitelung eingeleitet hatte.
Das Gesetz macht es den kriminellen in Deutschland bisher besonders einfach. Meldungen von Hartz-IV-Empfängern mit millionenschweren Immobilien tauchten in den letzten Jahren immer wieder auf. Die Welt berichtete zuletzt über Clan-Familie in Leverkusen mit einer 300 Quadratmetern Villa und erheblichem Vermögen, dazu soll die Großfamilie Sozialleistungen in Höhe von fast einer halben Million Euro bezogen haben. Die zuständigen Behörden hatten keine Zweifel und nannten „die Familie komplett unauffällig“. Solange alles über Bargeld läuft, hat die Sozialbehörde keinen Grund zum zweifeln. Seit 2017 muss man in Deutschland, bei Beträgen über 10.000 €, nachweisen woher das Geld stammt. Davon sind Banken, Notare und Gewerbetreibende betroffen, wenn diese mit großen Geldsummen hantieren. „Das hab ich beim Kniffel gewonnen“ wurde in einem Satire Beitrag als Beispiel genannt.
Behörde nach italienischen Vorbild
Im Jahr 2018 wurden in Deutschland jährlich 77.252 Verdachtsfälle an die FIU gemeldet. Nur acht davon kamen von Notaren. Berlin ist war das einzige Bundesland, das eine „Task Force Geldwäsche“ für die Notaraufsicht hatte, die die rund 680 Notare überprüfte. Von April 2020 bis zum 27. Juli 2021 haben die beiden Juristen und drei Gerichtsvollzieher 86 Verdachtsmeldungen untersucht und an die FIU gemeldet. Am 1. August 2021 ist es eine Änderung des Paragraphen 44 durch den Bundestag in Kraft getreten. Demnach ist es Notaren, die Immobiliengeschäfte beurkunden, aufgrund der Verschwiegenheitspflicht untersagt, einen Geldwäscheverdacht über die Notaraufsicht an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) des Zolls zu melden.
Mit der Schaffung der neuen Bundesbehörde sollen die bisherigen Strukturen im Kampf gegen die Geldwäsche effizienter gestaltet werden, sagte Lindner. „Es wird sicherlich auch eine personelle Aufstockung geben, aber im Wesentlichen geht es um einen Paradigmenwechsel in der Methode.“ Ein „sehr spürbarer Personalzuwachs“ sei daher nicht zu erwarten. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei im Zoll, Frank Buckenhofer, und weitere Experten fordern schon lange den Aufbau einer Finanzpolizei nach italienischem Vorbild. Die Italiener sind schon lange in der Lage Vermögen aufzuspüren und einzuziehen, ohne einen strafprozessualen Verdacht bei einem Gericht einzureichen.
Die neue Bundesbehörde soll die bisher zersplitterten Zuständigkeiten bündeln. Sie wird laut Lindner vier Säulen haben. Ein neues Bundesfinanzkriminalamt soll einen eigenen Fahndungsbereich und echte Ermittlungsbefugnisse erhalten. Die Zuständigkeiten für die Durchsetzung von Sanktionen sollen an einer separaten Stelle angesiedelt werden. Als dritte Säule soll die bisherige Anti-Geldwäsche-Einheit FIU in die neue Bundesbehörde integriert werden. Auch für die Aufsicht über den Nicht-Finanzsektor sollte es laut Lindner eine zentrale Stelle auf Bundesebene geben, um die staatlichen Zuständigkeiten zu koordinieren und Standards zu definieren.
Neue Gesetze dringend notwendig
„In Deutschland kümmern wir uns sehr um die kleinen Fische der Finanzkriminalität. Aber die großen Fische schwimmen uns davon„, sagte Lindner. Künftig wolle man an die Menschen hinter den Verbrechen herankommen. Dazu folge man der Geldspur. „Unser Ziel ist eine effektivere Bekämpfung der Finanzkriminalität, eine wirksamere Durchsetzung von Sanktionen und schärfere Gesetze, um ehrliche Steuerzahler und ehrliche Händler vor denen zu schützen, die sich nicht an die Regeln halten.“
Innenstaatssekretär Hans-Georg Engelke sagte im Mai auf einer europäischen Polizeikonferenz in Berlin, dass „die Zusammenarbeit der Behörden wirklich noch verbesserungswürdig ist“ und dass es „einfach unerträglich“ sei, dass es in Deutschland möglich sei, Vermögensverhältnisse auf verschiedene Weise zu verschleiern, unter anderem durch komplexe Firmengeflechte und Strohmahngeschäfte, die verschleiern, wer wirklich dahinter steckt. Die Anti-Geldwäsche-Einheit des Bundes, die Financial Intelligence Unit (FIU), hat juristische Personen identifiziert, die in einigen Fällen keine erkennbaren geschäftlichen Aktivitäten haben.
Die Identifizierung des so genannten „wirtschaftlichen Eigentümers“ einer Immobilie kann für die Behörden jedoch praktisch unmöglich sein. Ein Beispiel dafür ist ein Grundstück in Charlottenburg-Wilmersdorf in Berlin. Lisa Paus, Finanzexpertin der Grünen im Bundestag, hat versucht, den Eigentümer des geplanten Ku’damm-Karees „Fürst“ zu ermitteln, das im vergangenen Jahr zum siebten Mal für 1,02 Milliarden Euro den Besitzer wechselte. Wenn der Eigentümer einer Immobilie unbekannt ist, ist es außerdem unmöglich, sein Vermögen einzufrieren oder zu beschlagnahmen, was Paus offen kritisiert hat.
(TB)
Noch kein Kommentar vorhanden.