Die Nachricht über Bug schlug vor wenigen Tagen ein wie eine Bombe. 

So könnte das Baltic Island Eco Resort nach der geplanten Fertigstellung im Jahr 2025 auf der Rügen-Halbinsel Bug vor Dranske einmal aussehen © Illustration: Baltic Island Eco Resort

So könnte das Baltic Island Eco Resort nach der geplanten Fertigstellung im Jahr 2025 auf der Rügen-Halbinsel Bug vor Dranske einmal aussehen © Illustration: Baltic Island Eco Resort

Nach 20 Jahren hat der Oldenburger Bauprojektentwickler Martin Oetken (72) endlich einen Nachfolger und Investor für seine verwaiste Ex-Militär-Halbinsel Bug vor Dranske auf Rügen gefunden.

680 Millionen Euro soll die Investition betragen, die neun israelischen Familien unter dem Namen „Baltic Island Eco Resort“ planen. Die Ausmaße sind gigantisch. Es wäre das größte Ferienresort von ganz Mecklenburg-Vorpommern. 2.000 Betten, vier Hotels, 285 Ferieneinheiten (Ferienhäuser und Ferienappartements), ein Einkaufszentrum, ein Künstlerdorf und eine Marina mit 400 Liegeplätzen sollen auf dem 1990 stillgelegten Volksmarine-Stützpunkt (einst militärisches Sperrgebiet) entstehen.

Die Nachricht über Bug spaltet Deutschlands größte Insel, Rügen, und sorgt für Zoff.

Seit 1990 ist die Halbinsel Bug auf Rügen, ein ehemaliger Volksmarine-Stützpunkt, verwaist. 2001 kaufte der Oldenburger Bauprojektentwickler Martin Oetken (72) die Insel und ging daran im Jahr 2006 pleite. Vor wenigen Tagen haben neun israelische Familien die Insel gekauft und planen ein gigantisches Baltic Island Eco Resort © urheberfrei/Andreas Steinhoff 2004
Seit 1990 ist die Halbinsel Bug auf Rügen, ein ehemaliger Volksmarine-Stützpunkt, verwaist. 2001 kaufte der Oldenburger Bauprojektentwickler Martin Oetken (72) die Insel und ging daran im Jahr 2006 pleite. Vor wenigen Tagen haben neun israelische Familien die Insel Bug gekauft und planen ein gigantisches Baltic Island Eco Resort © urheberfrei/Andreas Steinhoff 2004

Die einen jubeln über Arbeitsplätze (bis zu 700) und die Aufwertung von Rügen. Der infrastrukturschwache Norden der Insel Rügen könnte durch zusätzliche Arbeitsplätze vermutlich enorm vom wirtschaftlichen Wachstum profitieren.

Die anderen kämpfen mit einer Online-Petition „Stoppt Größenwahn des Megaprojekts Balic Island Eco Resort“ (schon fast 10.000 Unterschriften) gegen einen Overtourismus und sorgen sich um die einzigartige Vogelwelt bis hin zum Seeadler.

Die Halbinsel Bug gehört seit 1990 zum Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft. Sie weist eine artenreiche Flora und Fauna auf und ist dank der ständigen Neulandbildung Lebensraum für zahlreiche wirbellose Tiere, die Nahrungsquelle für verschiedenste Vogelarten sind. Auf dem Bug wächst auch beispielsweise das in Deutschland einzigartige Klebrige Leimblatt.

Die Resort-Gegner argumentieren zudem: „Dieses Mega-Hotel-Projekt wird krachend scheitern! Es gibt keinerlei Bahnanbindung für Dranske, der Bus fährt alle paar Stunden – alle Kulturangebote und Restaurants sind meilenweit entfernt. Die Lindnergruppe zum Beispiel hat ihr Luxushotel im Miniort Vaschvitz/ Trent aufgrund Besuchermangels schon wieder aufgegeben und verkauft. Muss man diese Einsichten erst nach der Zerstörung eines Vogelschutzgebietes gewinnen? Baustopp jetzt!“

Der Kaufvertrag ist schon unterschrieben.

Wie ein Investorensprecher auf einer von den Grünen einberufenen Bürgerversammlung vergangenen Mittwoch (9. Juni 2021) auf dem Sportplatz von Dranske bestätigte, sollen die neun israelische Investorenfamilien den Kaufvertrag bereits unterschrieben haben.

Auch existiert bereits  ein alter Bebauungsplan, der vor mehreren Jahren im Zusammenhang mit einer Olympia-Bewerbung genehmigt worden war und bis heute nie abgeändert wurde. Somit könnten die Bagger und Kräne noch in diesem Jahr anrücken. Die Investoren rechnen mit einer Bauzeit von 4 Jahren. 2025 könnte Eröffnung sein.

Die damaligen ersten Träume waren allerdings schnell wieder zerplatzt.

Praktisch im Olympiafieber hatte Martin Oetken im Jahr 2001 die 209 Hektar große Militärliegenschaft von der Bundesmarine gekauft. Das Land Mecklenburg-Vorpommern wollte die Olympischen Sommerspiele 2012 nach Rostock holen und wollte auf der Halbinsel Bug die Voraussetzungen zur Ausrichtung der „Segelwettbewerbe“ der Olympischen Sommerspiele 2012 schaffen.

Bis 2003 musste man sich dafür beim IOC bewerben. Die Unternehmerfamilie Oetken begann gleich nach dem Kauf mit der Sanierung des Bug, riss 250 und damit fast alle alten Gebäude ab und investierte in die Planung eines Ferien- und Freizeitzentrums (Marina mit 400 Liegeplätzen sowie 2.000 Gästebetten in unterschiedlichen Kategorien).

Doch den Olympia-Zuschlag bekam London.

Austragsungsort für die Segelwettbewerbe 2012 wurde die Weymouth and Portland National Sailing Academy zwischen Weymouth und der Insel Portland, rund 190 Kilometer vom Stadtzentrum Londons entfernt an der Südküste Englands.

Die ursprünglichen Ostsee-Investoren sprangen wieder ab. Oetken musste mit seiner Martin Oetken GmbH & Co. KG, die die Halbinsel gekauft hatte, im Jahr 2006 beim Amtsgericht Oldenburg sogar Insolvenz anmelden (Aktenzeichen: 68 IN 82/06).

Der Verkauf an die israelische Investorengemeinschaft war die langersehnte Erlösung für die Gläubiger der Martin Oetken GmbH & Co. KG. Das Amtsgericht Oldenburg hat am 4. Juni 2021 ein schriftliches Verfahren und eine Sonderuntersuchung angeordnet. Die Anhörung zu dieser Sonderuntersuchung ist für den 20. Juli 2021 angeordnet.

Die neuen Investoren wollen ihre genauen Pläne im Juli 2021 in Dranske zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorstellen.

Chefplaner und Architekt Tom Krause verriet auf der ersten Bürgerversammlung vorigen Mittwoch aber schon mal so viel: „Wir nutzen die Baufelder der vorhergehenden Gebäude aus der militärischen Nutzung.“

Dadurch müsste kein Wald gerodet werden. Die 250 militärischen Gebäude habe der Vorbesitzer, Martin Oetken, ja bereits abreißen lassen.

Als zentrale Anlaufstelle der Anlage sei ein Erlebnishafen mit 400 Liegeplätzen geplant. Der ehemalige Marinehafen mit seiner kantigen Form soll zu einer geschwungenen Uferlandschaft umgestaltet werden.

Prominente Käufer erwünscht.

Es sei denkbar, einige der Häuser am Wasser eventuell zu verkaufen, „vielleicht an Prominente“, so der Vertreter der Investorinnen und Investoren. Gleichwohl betonte er, es solle ansonsten alles in einer Hand bleiben. Das Resort sei auf langfristige Vermietung angelegt. Auch solle es kein reines Luxusdomizil sein, sondern Unterkünfte von Drei- bis Fünf-Sterne-Standard bieten.

Was ist an dem Projekt Eco?

Die Energieversorgung soll eines Pilotprojektes würdig sein, so ein Vertreter der Investorengruppe auf der Bürgerversammlung. Überprüft werden nicht nur Photovoltaik, sondern auch Geothermienutzung. Unter dem Bug liegt in mehreren hundert Metern Tiefe ein Thermalwasservorkommen, weiß der langjährige Bugexperte Michael Heese, der das Projekt Bug seit mehr als 20 Jahren begleitet.

Auch für die Inselbewohnerinnen und -bewohner soll die Anlage mit ihren Angeboten zugänglich und nutzbar sein und damit auch der drei Kilometer lange Strand, der weiter öffentlich bleiben werde. Wahrscheinlich werden etliche von ihnen aber nicht nur die Freizeit dort verbringen: Durch das neue Resort könnten 600 bis 700 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, für die Auszubildenden zudem eine Hotelfachschule mit Internat. Im Ort Dranske soll zudem eine eigene Siedlung für die Mitarbeitenden erbaut werden. Das entspräche auch dem neuen Tourismustrend in Mecklenburg-Vorpommern: Weg von Saison- hin zu Dauerarbeitsplätzen. (FM)