Die Schweiz ist das Zuhause der Credit Suisse (CS) und ist seit langem ein bevorzugter Ort für die Reichen der Welt, um ihr Geld zu bunkern. Der hervorragende Ruf des Schweizer Bankengeheimnisses lockt viele Kunden aus aller Welt um Steuern zu entgehen oder ihr Geld zu waschen. Aber eine der größten und ältesten Banken des Landes, die Credit Suisse, brach am Wochenende zusammen und zwang die Schweizer Regierung, einen Deal auszuhandeln, bei dem die konkurrierende UBS die Bank für 3,2 Milliarden Dollar kaufte, ein Betrag, den die Credit Suisse als Verlust seit dem Jahr 2013 verbucht hat und im selben Zeitraum den zehnfachen Betrag (32 Milliarden Franken) als Bonus an die Top-Manager ausgezahlt hat.

 

Untergang der Credit Suisse

Der Credit Suisse wurde am Donnerstag, den 16.03.2023, von der Schweizer Zentralbank (SNB) eine Rettungsleine in Höhe von 54 Milliarden Dollar zugeworfen, um die Liquidität zu sichern, nachdem ein Einbruch ihrer Aktien und Anleihen die Ängste vor einer globalen Bankenkrise verstärkt hatte. Die Credit Suisse gilt als „too big to fail“ und wird daher mit allen Mitteln von der Schweiz unterstützt, jedoch nicht von den Top-Managern der Credit Suisse selbst. Nach dem Untergang der Silicon Valley Bank folgt jetzt eine weitere, viel größere Bank.

Der Ausverkauf der Credit Suisse Aktien begann 2021, ausgelöst durch Verluste im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der Investmentfonds Archegos und Greensill Capital. Im Fall Greensill kam die Finanzmarktaufsucht zu dem Schluss, dass die Credit Suisse „in schwerer Weise“ gegen die Aufsichtspflichten verstoßen hat und als Folge einen stärkeren Dokumentationsaufwand betreiben muss. Verstoßen die Top-Manager dagegen, sollten ihre Boni gekürzt werden. Im Juli 2022 stellte der neue Vorstandsvorsitzende Ulrich Koerner eine strategische Überprüfung vor. Ein unbestätigtes Gerücht über einen drohenden Konkurs der Bank im Herbst 2022 ließ die Kunden fliehen. Daraufhin bot die Credit Suisse 3 Millairden Schweizer Franken für eigene Schuldverschreibungen an, um den Markt zu beruhigen und die Kunden von der Zahlungsfähigkeit der heutigen Debit Suisse zu überzeugen.

Im Februar 2023 bestätigte die Credit Suisse, dass Kunden im vierten Quartal 110 Milliarden Schweizer Franken (119 Milliarden Dollar) abgezogen hatten, während die Bank mit 7,29 Milliarden Franken den größten Jahresverlust seit der Finanzkrise erlitt. Im Dezember 2022 hatte die Credit Suisse 4 Milliarden Schweizer Franken von Investoren abgezogen.

Wie wichtig ist die Credit Suisse?

Die Bank gehört zu den größten Vermögensverwaltern der Welt und ist eine der 30 global systemrelevanten Banken, deren Ausfall das gesamte Finanzsystem in Mitleidenschaft ziehen würde. Die Credit Suisse beschäftigt etwas mehr als 50.000 Mitarbeiter und verwaltete Ende 2022 ein Vermögen von 1,3 Billionen Schweizer Franken, gegenüber 1,6 Billionen im Vorjahr.

Credit Suisse wird zu Debit Suisse und bringt eisige Zeiten für die Schweiz und den Anleihenmarkt
Credit Suisse wird zu Debit Suisse und bringt eisige Zeiten für die Schweiz und den Anleihenmarkt

CoCo-Bonds (AT1-Anleihen) vernichten 16 Mrd. Franken der Credit Suisse

Die Schweizer Regierung in Bern stand unter erheblichem Druck, die wirtschafltiche Lage um die Credit Suisse zu stabilisieren. „Der Bundesrat ist überzeugt, dass die Übernahme die beste Lösung ist.“ Der Präsident der Scwheizer Nationalbank, Thomas Jordan, betonte, dass die Reputation in der globalen Volkswirtschaft für die Schweiz der zentrale Punkt in dieser Krise ist. UBS könnte hier zu einer der größten Banken der Welt werden.

Was sind CoCo-Bonds – Contingent Convertible Anleihen?

CoCo-Bonds (kurz für Contingent Convertible Anleihen – Wandelanleihen) sind eine Mischung aus einer Anleihe und einer Aktie, die den Banken hilft, ihr Kapital zu stärken, um die Vorschriften zur Vermeidung von Insolvenzen zu erfüllen. Die betroffenen CoCo-Bonds bei der Credit Suisse wurden als AT1-Anleihe (Additional-Tier-1-Kapital) verkauft und werden von den Banken auch an Privatpersonen verkauft. Im Fall der Credit Suisse werden diese Anleihen ausgelöst, wenn die Eigenkapitalquote unter ein bestimmtes Niveau fällt. Vertraglich festgelegt, darf die Bank die Anleihe dann in Eigenkapital umwandeln, wenn das Defizit groß genug wird. In anderen Fällen werden die CoCos ganz oder teilweise abgeschrieben.

Anders als bei klassischen Wandelanleihen hat der Inhaber kein Recht zum Umwandeln, dieses Recht liegt bei CoCo-Bonds bei der Bank. Wird die Anleihe umgewandelt, wechselt der Inhaber vom Anleihengäubiger zum Aktionär der Bank und hat z.B. bei einer Insolvenz deutlich weniger Rechte als ein Anleihengläubiger, unter anderem wird er später bedient. Aufgrund des höheren Risikos kann es in einem hohen Zinsfeld, wie in der aktuellen Entwicklung der Zinswende, Zinsen von über 10% für CoCo-Bonds geben.

CoCo-Bonds Anleger verlieren 16 Mrd. Franken

Im Fall der CoCo-Bonds der Credit Suisse waren für die AT1-Bonds gar keine Wandlung in Aktien vorgesehen, wenn das Eigenkapital benötigt wird. Stattdessen sollen die Anleihen direkt wertlos verfallen, falls die AT1-Bonds ausgelöst werden. Diese Art von Anleihen ist eigentlich ein etablierter und vernünftiger Ansatz im Bankengeschäft. Grundsätzlich wird der Mechanismus nicht kritisiert, da die Aktien der Bank ohnehin kaum mehr einen Wert haben dürften, wenn die Bonds umgewandelt werden könnten. Die Anleger auf dem Viertel-Billionen-Dollar-Markt für ähnliche europäische CoCo-Bonds verunsichert diese Meldungen verständlicherweise. Die Credit Suisse hat für die AT1-Anleger Zinsen von 3,5 % im Jahr 2018 bis zu 9,75 % im Jahr 2022 gezahlt. Während es 2020 noch 5,1 bis 5,25 % waren, hat der Zinssatz sich in 2 Jahren fast verdoppelt.

 

UBS übernimmt Credit Suisse – CoCo-Bonds Markt in Unruhe

Die Zwangsübernahme der Credit Suisse durch die Schweizer Großbank UBS für 3 Milliarden Franken sorgt für hitzige Diskussionen. Auf Anordnung der zuständigen Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma), werden die Additional-Tier-1-Anleihen (AT1) der Credit Suisse im Volumen von 16 Milliarden Franken auf null abgeschrieben. Das ist deshalb so ungewöhnlich, da normalerweise die Anleihengläubiger vor den Aktienanlegern bevorzugt werden. Im Fall der CS gehen die Anleihengläubiger nun leer aus, während die Aktienanleger noch 3 Milliarden durch die Übernahme erhalten.

Schweizer Finma Entscheidung überrascht Anleger und Analysten

Nachdem die Entscheidung der Finma zur Übernahme der CS bekannt gegeben wurde, suche die Anleihebesitzer nach rechtlichen Möglichkeiten an ihre 16 Milliarden Franken zu gelangen. Die Seite finews.ch hat bei der Finma nach einer Stellungnahme gefragt, aber noch keine Antwort erhalten. „Wie aus Zürcher Bankkreisen verlautet, dürfte sich die Finma mit ihrer Antwort Zeit lassen. So rechnen Bankexperten damit, dass sich die Aufseher zuerst mit dem Bundesrat und der Schweizerischen Nationalbank absprechen, bevor sie öffentlich kommunizieren.“ Dazu haben sich bereits zahlreiche Anwälte mit der Thematik beschäftigt und sucht international nach Klägern. Bei Erfolg ist auch für die Anwälte ein Großteil der 16 Milliarden Franken als Belohnung zu holen.

CoCo-Bonds im Ernstfall nichts Wert

Die CoCo-Anleihen haben im Jahr 2017 im Krisenfall der spanischen Banco Popular Español Anwendung gefunden. Damals wurde die Bank ebenfalls durch eine Fusion mit der Bank Santander gerettet.Genau wie im Fall der Credit Suisse verloren die Anleihebesitzer bei der Fusion alles. Damals wurde es als Einzelfall gewertet, während das heute, nach der Aktion der Schweizer Finma, nicht mehr als Einzelfall zu bewerten ist und vielleicht sogar als Präzedenzfall für die Zukunft genommen wird.

Eine durchschnittliche europäische Bank müsste fast zwei Drittel ihres Kapitals verlieren, um die vertraglichen Auslöser zu verletzen.

Fondsmanager der Credit Suisse in ihrem Marketingbericht 2021

Unserer Ansicht nach ist dies ein relativ unwahrscheinliches Szenario.

Fondsmanager der Credit Suise in 2021

Laut einem Bericht der De Nederlandsche Bank aus dem Jahr 2017 wird der Großteil der CoCo-Anleihen von Versicherern und Pensionskassen gehalten oder über Investmentfonds an Privatanleger außerhalb Europas verkauft. Die Credit Suisse war einer der größten Anbieter auf dem AT1-Markt, weshalb der Markt massiv leiden wird und auch die Kreditvergabe der Banken eingeschränkt wird.

EU beugt Bankenpleite vor

„Too big to fail“ wurde schon zu oft ausgenutzt, die Europäische Bankenunion verweigert der Credit Suisse aber jegliche Hilfe und würde das Institut sogar vor die Wand fahren lassen. Die Credit Suisse stützt sich wie viele andere Banken auf CoCo-Bonds um sich im Notfall Eigenkapital zu beschaffen. Dafür hat die EU-Bankenunion einen gemeinsamen Fond aufgelegt, sodass sich die Banken selber retten können. Auch wenn die Bankenunion keine Rettung durch Steuerzahler möchte, wird diese Diskussion erst ab einem Schaden von mehr als 80 Milliarden Euro aufkommen. Damit werden die Banken zu mehr Eigenverantwortung oder gegenseitigen Kontrolle gezwungen, da es sich um das Geld der Banken in dem Fonds handelt.

Das Rettungssystem für europäische Banken wurde nach der Finanzkrise von 2008 entwickelt, hat aber bisher noch keinen Praxistest gehabt. Die erste Prüfung mit einer großen Summe durch die Credit Suisse fällt aus, da sich die Bank nicht beteiligt und nicht in der Währungsunion für den Euro ist. Im Ernstfall entscheiden die 500 Mitarbeiter von dem Single Resolution Board (SRB) unter der Leitung von Elke König in Brüssel über die Rettung von den Teilnehmern der europäischen Bankenunion. Die EU-Kommission hat das letzte Wort, ob es zur Rettung kommt.

Credit Suisse zahlt 32 Milliarden Euro Bonus an Manager

Die Credit Suisse war des Öfteren wegen der riesigen Bonuszahlungen an die Top-Manager in der Presse. Immerhin wurden die Zahlungen im Jahr 2022 ausgesetzt, da bei einem Verlust von 7,3 Milliarden Franken wahrscheinlich keine Bonuszahlung begründet werden konnte. Der Schweizer Tages-Anzeiger (Paywall) hat ausgerechnet, dass die Top-Manager der Credit Suisse seit 2013 rund 32 Milliarden Schweizer Franken an Bonuszahlungen erhalten haben, während die Bank selbst im gleichen Zeitraum rund 3,2 Milliarden Franken Verlust gemacht hat. Die Jahresabschlüsse, in den vergangenen zehn Jahren bis 2013, waren in fünf Fällen negativ.

Bei diesen Zahlen und massivem Problemen bei der Umstrukturierung der Bank, fragen sich viele, wofür die Bonuszahlungen ausgehändigt wurden. Die gleiche Frage stellen sich die Schweizer Behörden und haben alle noch nicht ausgezahlten Bonuszahlungen gestoppt.

(TB)