Handy-Gold: Ab 2022 will das Berliner Schmucklabel Vieri Fine Jewellery am Kurfürstendamm 36 in Berlin Charlottenburg (zu kaufen auch  in den Filialen des Traditionshauses Wempe aus Hamburg oder bei Andreas Mukudis in den Mercator Höfen in der Potsdamer Straße 81 in Berlin Tiergarten) seinen Schmuck ausschließlich aus wiedergewonnenem Gold aus Handys herstellen – das in seiner Reinheit dem Gold aus der Erde in nichts nachsteht.

Gold- und Diamanten-Designerin Guya Merkle, 35, aus Zürich, Gründerin und Geschäftsführerin der Vieri GmbH vom Berliner Ku’damm 36 mit dem Label Vieri Fine Jewellery © Guya Merkle
Verarbeitet Handy-Gold: die Gold- und Diamanten-Designerin Guya Merkle, 35, aus Zürich, Gründerin und Geschäftsführerin der Vieri GmbH vom Berliner Ku’damm 36 mit dem Label Vieri Fine Jewellery © Guya Merkle

„Ich bin fest davon überzeugt, dass wir kein Gold mehr aus der Erde holen müssen“, sagt die Schmuckdesignerin Guya Merkle (35) aus Zürich und Wahlberlinerin mit berühmten Kundinnen wie Rihanna (33, Sängerin von „Diamonds“ und Exschönheitskönigin von Barbados) oder der britischen Schauspielerin Emma Watson (31, bekannt als Hermine in Harry Potter-Filmen) aus Oxfordshire: „Wir haben genug Gold im Umlauf.“

Jährlich werden weltweit drei- bis viertausend Tonnen Gold gefördert, oft unter schlimmen sozialen und ökologischen Bedingungen, wie Business Leaders berichtete. Doch es gibt gute Alternativen, an die edlen Rohstoffe zu kommen.

Closing the Loop: „Eines der Produkte, die beim Recycling unserer Telefone entstehen, ist reines Gold.“ © Closing the Loop, Amsterdam
Handy-Gold von Closing the Loop: „Eines der Produkte, die beim Recycling unserer Telefone entstehen, ist reines Gold.“ © Closing the Loop, Amsterdam

Guya Merkle: „Gold befindet sich nämlich auch in Handys, Laptops und Computern. Und die liegen oft kaputt oder ungenutzt zu Hause rum.“

Laut Bitkom Research lagern in deutschen Haushalten 200 Millionen Handys. Eine unglaubliche Zahl. Für Guya Merkle stecken darin fünf bis sieben Tonnen reines Gold.

Guya Merkle: „In jedem dieser Geräte ist Gold verbaut. Zwischen 0,028 – 0,034 Gramm. Wenn man ein paar Telefone sammelt, kann man also Schmuck daraus machen. Das ist das, was mich antreibt. Das sind genau die Ideen, die ich liebe und die zukunftsweisend für mich sind. Mein Ziel: Alle Kollektionen aus dieser Art von Gold herzustellen.“

Oder auch Handy-Gold aus Afrika

Millionen von Secondhand-Handys und -Tablets landen dort auf Müllhalden und werden verbrannt – und dabei ihre wertvollen Bestandteile gleich mit, darunter kleine Mengen an Gold. Deshalb holt die 35-Jährige den Elektro-Schrott containerweise zurück nach Europa. Ihr Ziel: so viel recyceltes Gold wie möglich daraus zu gewinnen.

Recyceltes Handy-Gold

Guya Merkle erklärt auf Vieri.com, der Homepage ihres Labels  Vieri Fine Jewellery: „Den Großteil dieses Goldes kaufen wir bei unserem Partner Closing The Loop (übersetzt den Kreislauf schließen, aus Amsterdam in den Niederlanden – Anmerkung der Redaktion). CLP hat sich zum Ziel gemacht, Elektroschrott zu reduzieren und darin verarbeitete Metalle wie Gold durch ‘Urban Mining’ wieder in den natürlichen Kreislauf zu bringen.“

Merkle weiter: „Unser Partner Closing the Loop löst das Edelmetall aus alten elektronischen Geräten heraus. Das finde ich persönlich sehr spannend und unser Ziel ist es, zu 100 Prozent auf diesem Wege zu produzieren. Besser geht’s nicht: Aus Handys wird Luxusschmuck.“

Um dem Handy-Gold zum Durchbruch zu verhelfen, unterstützt Guya Merkle das niederländische Unternehmen Closing The Loop mit 12,5 Prozent ihres Umsatzes.

Merkle sagte: „Alle unsere Schmuckkreationen werden ausschließlich aus 18 Karat recyceltem Roségold, Gelbgold und Weißgold hergestellt.“ In Ausnahmefällen auch etwas preiswerter aus 14 Karat, worauf dann aber extra hingewiesen wird.

Warum ist ihr 18 Karat so wichtig?

Das erklärte die Designerin gegenüber der Autorin Alexander von Heyden aus Wusterwitz in Potsdam-Mittelmark („Der Berliner Stil“, Knesebeck Verlag) so: „18 Karat ist die Königsklasse. Es bezeichnet den höchsten Feingoldanteil den man haben kann und bedeutet, dass nur 250 Anteile anderer Metalle darin verarbeitet wurden. Diesen Anteil braucht man einmal, um das Gold zu härten, denn Feingold ist sehr weich. Andererseits kann man damit die Farbe des Goldes bestimmen. Es gibt auch Schmuckstücke aus 8 Karat Gold, davon würde ich aber die Finger lassen, da zum Beispiel bei Roségold viel zu viel Kupfer beigemischt wird. Kupfer reagiert mit Schweiss und hinterlässt oft dunkle Verfärbungen.

14 Karat ist so genannter ‚Semi-Fine Schmuck‘. Es hat einen Anteil von 585 an andereren Metallen. Wenn es gut hergestellt ist, ist das eine tolle Alternative und eben etwas günstiger als 18 Karat. Wenn man aber in ein tolles Stück investieren will, dass für immer bleibt, dann würde ich immer auf die 18 Karat gehen.“

Als Merkle 2007 die Firma übernahm, war ihr Plan ebenso simpel wie mutig:

Sie wollte die Gesetze auf den Kopf stellen, die für edlen Echtschmuck gelten, die sogenannte Haute Joaillerie. Ihr Großvater Rudolf hatte das Familienunternehmen 1939 in Pforzheim gegründet, später löste ihr Vater Eddy Vieri Merkle ihn als Geschäftsführer ab und verlegte den Unternehmenssitz in die Schweiz.

Diese Tradition fortzusetzen war für seine Tochter Guya weder Vorhersehung noch ihr Traum. Der plötzliche Tod ihres Vaters hatte sie dazu gezwungen, ihre eigenen Pläne zu überdenken. Zu verkaufen und 70 Jahre Vieri einfach auszulöschen, das fühlte sich falsch an. So wurde sie mit gerade mal 21 Jahren Geschäftsführerin.

Gleich ihre erste Maßnahme war drastisch: Sie änderte das Geschäftsmodell. Sie beendete die Belieferung anderer Branchenunternehmen und stellt inzwischen ausschließlich eigenen Schmuck her. Jede Vieri-Kollektion entwirft Merkle in Zusammenarbeit mit wechselnden Designern.

Ihr Schmuckstücke bekommt man nicht nur in ihrer Wahlheimat Berlin, sondern auch beim Kaufhaus Bergdorf Goodman in New York.  Es scheint, als würde ihr der Spagat zwischen Luxus und Vernunft gelingen.

Am 15. November 2021 postete die Schuckdesignerin auf Instagram.com: „guyamerkle World Gold Day - ein Tag an dem wir über Chance reden! Über die Kraft von Veränderung! Über das, was wir tun können, um einen Wandel zu schaffen. Also seid Ihr bereit? Dann lesen, teilen, mitmachen und #begolden sein für einen #goldenchange und eine #goldenfuture!“ © Instagram.com/GuyaMerkle
Am 15. November 2021 postete die Schuckdesignerin auf Instagram.com: „guyamerkle World Gold Day – ein Tag an dem wir über Chance reden! Über die Kraft von Veränderung! Über das, was wir tun können, um einen Wandel zu schaffen. Also seid Ihr bereit? Dann lesen, teilen, mitmachen und #begolden sein für einen #goldenchange und eine #goldenfuture!“ © Instagram.com/GuyaMerkle

In ihrer Wahlheimat Berlin arbeitet die Designerin nicht nur an Schmuck aus Handy-Gold. Sie hat über ihre Earthbeath Solutions Foundation bei der Paradowski Treuhand in Zürich in der Schweiz einen World Gold DAY ins Leben gerufen, den Tag des Goldes. Eine Kampagne, die für das Recyclen alter Telefone wirbt.

Nicht illusorisch. Denn nachhaltiges Handy-Gold ist gefragt.

Guya Merkle sagte in der ARTE.TV-Dokumentation „RE: Gold und Glitzer. Schmuck aus fairem Handel“ in der Ausstrahlung am 10. Dezember 2021: „Als ich anfing mit dem Handy-Gold haben Leute gesagt, sag mal, was ist das denn jetzt schon wieder für ein Quatsch. Und natürlich das hat mich viele graue Haare gekostet, die man nicht sieht, weil ich sie wegmache. Aber ich werde oft gefragt, was braucht es, um weiterzumachen. Und es ist diese Vision, das es klappt.“

Die Mutter eines Sohnes versprach vor laufender Kamera: „Und ich werde das machen, bis ich da unter der Erde liege. Das ist einfach meine Lebensaufgabe.“

Das Gold aus Amsterdam hat Guya Merkle zu ganz besonderen Schmuckstücken verarbeitet. Ihre sogenannte Schrottkollektion präsentierte sie bereits auf einer eigenen Party einer exklusiven Kundschaft, bei der sie auch ein aufgeschraubtes Handy mit auf dem Schmucktisch legte. Für Guya Merkle gehört ein gutes Gewissen mit auf die Goldwaage. (FM)