Natürlich kommt das Tiny House aus den USA, wen wundert das? In den 1990er Jahren entstand in den Vereinigten Staaten die Tiny – House – Bewegung, immer unter der Sonne Kaliforniens und den Traum von Freiheit und Unabhängigkeit im Gepäck. Und das Ganze möglichst auf vier Rädern. Bei uns in Deutschland hieß es früher mal Camping-Mobil, Wohnwagen oder wenn man keine Räder hatte, dann einfach Datsche, Laube oder Wochenendhaus. Jeder kennt die Sendung „Löwenzahn“ mit Peter Lustig (später Fritz Fuchs) mit seinem „Tiny House“ aus den 80iger Jahren. Doch das heutige Massenphänomen, das sich hierzulande seit einigen Jahren ausbreitet, folgt eigenen Regeln. 

 

Tiny House – der Innbegriff von Genügsamkeit und Nachhaltigkeit

Statistisch gesehen wohnt jeder (einzelne) Bundesbürger auf 46 Quadratmetern. Das ist nicht viel, aber auch nicht wenig, wenn eine statistische 4-köpfige Familie auf 184 Quadratmeter wohnt. Bei den heutigen Mietpreisen und den damit zusammenhängenden Nebenkosten sehnen sich die meisten Familien nach etwas Reduktion.

In der Corona-Zeit haben die Meisten von uns gelernt mit wenig(er) auszukommen, man beschränkte sich in dieser Zeit auf sich selbst und die engsten Familienmitglieder. Viele merkten, dass das Prinzip „my home is my Castle“ doch nicht so weltfremd ist, wie man es in unserer rasanten Leistungsgesellschaft vermuten könnte. Familie, die engsten Freunde und nicht mehr und nicht weniger. Da kommt das Tony-House gerade richtig um die Ecke gebogen. Klein, praktisch, ökologisch und bezahlbar ist es allemal. Es bildeten sich schnell Communitys, die in den sozialen Medien rege über das Thema austauschen, selbst eine eigene Messe („New Housing – Tiny House Festival“ in Karlsruhe) ist entstanden.

@itinyhouses ©Facebook
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Was ist ein Tiny House ?

Der Name Tiny House ist in Deutschland nicht definiert. Die meisten verstehen unter Tiny House eine fahrbare Wohnung. Die Minihäuser haben eine Wohnfläche von 15 bis 20 qm. Auf Rädern als Wohnwagon oder Trailer sind sie bis zu einem Gesamtgewicht von 3,5 t mobil und mit einem geeigneten PKW transportierbar. Die Wände bestehen in der Regel aus einer gedämmten Holzrahmen-Konstruktion. Der Grundriss orientiert sich meist an denen der handelsüblichen Wohnmobile.

So gibt es alternativ auch Modul- oder Minihäuser: Modulhäuser sind z.B. umgebaute Schiffscontainer oder Häuser in System-, Container- und modularer Bauweise. Sie sind im Durchschnitt 50 qm groß und sind nur als Schwertransport zu transportieren. Unter Minihaus versteht man örtlich fest installierte (immobile) Häuser, die ca. 100 qm Wohnfläche haben. Die Begrifflichkeit und Wohnflächen gehen fließend ineinander über.

 

Was kostet die minimalistische Wohnalternative?

Für die Anschaffung sollte man je nach Ausstattung, Größe und Grundstückspreis zwischen 35.000 und 120.000 € kalkulieren. Nach oben gibt es (fast) keine Grenzen. Wer sich ein Tiny Haus bauen oder kaufen möchte, muss neben Grundstückskosten auch Transport-, eventuelle Erschließungs- und andere Nebenkosten zahlen. Für eine Baugenehmigung müssen die Fundamente und Hausanschlüsse den gesetzlichen Verordnungen entsprechen. So sollte man sicherheitshalber 20 T€ Baunebenkosten einplanen. Je nach Baugrund oder Entfernung zum öffentlichen Versorgungsnetz kann es auch mehr kosten. 

 

Wo darf man ein Tiny House aufstellen?

Tiny Häuser sind nach den Landesbauordnungen (fast) immer genehmigungsfähig. Allerdings ist das Aufstellen eines Tiny House  in Deutschland nicht immer leicht. Rein rechtlich gesehen sind (auch mobile) Tiny Häuser Gebäude und müssen auf erschlossenem Grund stehen. Werden sie nur gelegentlich genutzt gibt es die Alternative sie auf baurechtlichen Sondergebieten aufzustellen. Die Frage klären sie am Besten im Vorfeld mit der örtlichen Baubehörde durch eine Baugenehmigungsanfrage.

In den USA ist es etwas anders. Sei dem Ende des 20.Jahrhunderts, als die Immobilienkrise tobte, können mobile Tiny Häuser mit bestimmten Abmaßen ohne Baugenehmigung aufgestellt werden, da sie als Wohnmobil gelten.

Verbreitet ist es das Tiny House auf dem eigenen Grundstück zu errichten. So können die heranwachsenden Kinder ihre erste eigene Wohnung beziehen. Der regelmäßige Besuch freut sich natürlich auch über eigene vier Wände. Eine weitere Möglichkeit bietet sich für Senioren, die ihr Haus an die nächste Generation übergeben. Sie ziehen auf dem eigenen Grund und Boden ins barrierefreie Tiny House. So haben sie immer direkten Kontakt zu ihren Kindern und Enkeln. 

 

Wie ist das mit einem Tiny House auf Rädern?

Ein mobiles Tiny House benötigt eine Straßenzulassung als Wohnwagen sowie eine TÜV-Prüfung. Zudem werden KfZ Steuern fällig. Für den Standort benötigt man einen geeigneten Stellplatz. Auf Campingplätzen braucht man keine Erlaubnis, die vermieten Stellplätze. Dort darf man bis auf wenige Ausnahmen nicht ganzjährig wohnen, das Trinkwasser wird in der Regel in der Winterzeit abgestellt. Auf einigen Campingplätzen können Besitzer von Tiny Häusern einen Zweitwohnsitz anmelden. 

Bei Tiny Häuser auf Campingplätzen ist eine Maximalhöhe von 3,50 Metern erlaubt. Campingwagen unterliegen nicht dem Baurecht, aber der StVo: So beträgt ihre Maximalhöhe 4 Meter, die Maximalbreite 2,55 Meter und das Maximalgewicht 3,5 Tonnen. 

Wer sein mobiles Tiny House als Erstwohnsitz nutzten will benötigt eine Baubewilligung. Dauerhaftes Wohnen ist in Deutschland nur auf hierfür ausgewiesenen Baugrundstücken gestattet. Gebäude müssen außerdem den gesetzlichen Bauvorschriften (Schall- und Wärmeschutz) entsprechen.Das Tiny House muss u.a. folgende Bedingungen erfüllen: Die Wohnräume haben einer Mindesthöhe von 2,40 Metern. Es muss eine Kochnische, ein Bad mit Dusche oder Wanne und WC vorhanden sein. Gibt es im Bad kein Fenster, ist eine Lüftung nach draußen erforderlich. Treppen, Türen, Fenster und Fluchtwege müssen  der Bauordnung entsprechen. Wer sein Tiny House als ersten Wohnsitz nutzen möchte kann es in einem Wohn-, Kern- oder Mischgebiet aufstellen. Hier gibt es meist einen Bebauungsplan, der Maximal- oder Mindestgrößen für Häuser festlegt. In Wohngebieten ohne Bebauungsplan besteht die Forderung, dass sich das Haus ins bestehende Umfeld einfügt. Dort könnte das Tiny House eventuell zu klein ausfallen.

Wer sein Tiny House ganzjährig bewohnen möchte benötigt eine professionelle Heizung, Be- und Entlüftung und eine geeignete Dämmung. Die professionelle Be- und Entlüftung sorgt für Feuchtigkeitsregulierung und vermeidet gesundheitsgefährdenden Schimmel.

Außer der Baugenehmigung ist ein Nachweis für den Wärmeschutz nach GEG erforderlich. Mit einer Heizung und einer guten Dämmung kann man es dann ganzjährig bewohnen. Durch die eingeschränkten Außenmaße muss man bei der mobilen Variante beachten, dass sich bei ausreichender Dämmung die Wohnfläche verringert.

 

Nachhaltig und ökologisch?

Freunde des minimierten Lebensstils betrachten das Tiny House oft nur aus der Sicht der Nachhaltigkeit und des ökologischen Lebensstils. Tiny Häuser haben nicht nur Befürworter. Behaupten die Anhänger der Tiny Häuser, sie seien „platzsparend,  sehr umweltfreundlich und sehr  günstig“, meinen die Kritiker: das Gegenteil ist der Fall. Für ihren eingeschränkten Wohnraum blockierten sie im Verhältnis zu viel Baugrund, der ökologischer Fußabdruck sei nicht akzeptabel. Bei kleinster Wohnfläche hat man im Verhältnis zu massiven Bauten eine sehr große Außenfläche, die durch energieaufwendiges Beheizen wieder ausgeglichen werden muss.

 

Vor- und Nachteile von Tiny House

Vorteile

Nachteile

  • Stellplatzsuche und Baugenehmigung in Deutschland schwierig
  • im Verhältnis zu „normalen „Immobilien zu viel ungenutzter Baugrund
  • verhältnismäßig großer ökologischer Fußabdruck (Heizen der Außenflächen)
  • Finanzierung meist schwierig
  • mobiles Tiny House meist nicht barrierefrei

 

Tiny House for ever?

Natürlich ist der Wunsch nach einer umweltbewußten Lebensform zeitgemäß und auch nachvollziehbar. Wie sieht die Realität aber nach einigen Jahren, die man im  Tiny House gelebt hat, aus? Besitzer von feststehenden Immobilien bauen z.B. den Dachboden oder den Keller aus, wenn Nachwuchs ansteht oder die Großeltern sich nicht mehr selbst versorgen können. Doch was kann der Tiny House – Bewohner tun, wenn es dann noch mal zu klein wird. Er könnte aufstocken, also ein weiteres Tiny House auf das Vorhandene setzen, um die Wohnfläche zu vergrößern. Was ist, wenn der Wunsch nach etwas mehr grünem Umfeld wächst und man seine eigenen Erdbeeren ernten möchte? Besuch meldet sich an, was nun? Ist dann immer noch der Tiny House Gedanke aktuell oder denkt man dann über einen herkömmlichen Hausbau nach?

 

Fazit 

Ein Tiny Haus zu kaufen ist in Deutschland mit einem „richtigen“ Hausbau zu vergleichen, allein die Kosten sind geringer. Bevor es aber an die finale Planung und den Bau oder Kauf geht, sollte man sich sicher sein, dass ein Leben im Tiny House auch zum eigenen Lebensmodell passt. Um alle Fragen vor einer Investition richtig zu beantworten empfiehlt sich das „Probewohnen“ in einem Tiny House in einer Feriensiedlung. Auch die Hersteller professioneller Tiny Häuser bieten Interessenten die Möglichkeit des Wohnens auf Probe an.

(HZ)

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